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Revitalisierung
Eines der primären Ziele heutiger Revitalisierungsprojekte ist es, den Gewässern wieder mehr Raum zu geben, damit sie bei Hochwasser genügend Platz zum Abfliessen haben. Das begrenzt die Überschwemmungsgefahr. Die Revitalisierung dient also der Sicherheit, aber nicht nur. Es geht auch darum, den Flüssen ihre ökologischen Funktionen zurückzugeben und eine grössere Biodiversität zu fördern. Indem man es der Morge ermöglicht, zu ihrer natürlichen Dynamik zurückzufinden, gibt man der Natur die Chance, sich neu zu entfalten.
Paradigmenwechsel
In der Vergangenheit begriff man den Schutz menschlicher Aktivitäten vor Naturgefahren als einen Kampf gegen die Natur. Die Gewässer wurden reguliert, kanalisiert und bezähmt, um sich nicht mehr gegen sie wehren zu müssen und um Acker- oder Bauland zu gewinnen.
Doch Denkweisen ändern sich im Laufe der Zeit. Heute muss ein Sicherungsprojekt auch der Natur wieder mehr Raum geben und darauf abzielen, die ökologischen Funktionen des Gewässers wiederherzustellen. Es geht darum, die Leistungen zu berücksichtigen, die uns die Natur auf ökologischer, sozialer und wirtschaftlicher Ebene erbringt. Man spricht von Revitalisierung.
Im gesamten Wallis wurde für 1/5 der untersuchten Hauptgewässer ein prioritärer Revitalisierungsbedarf festgestellt. Die Morge gehört dazu. Auf dem gesamten Abschnitt, dem Sie entlanglaufen, vom Dorf Vens bis zur Rhone, wurden spezifische Massnahmen ergriffen.
Gewässerraum
Der Wald ist schon seit dem 19. Jahrhundert und das Grundwasser seit Ende des 20. Jahrhunderts geschützt, doch der Begriff des Gewässerraums taucht erst spät im Bundesrecht auf (2011). Seine festgelegte Fläche soll Schäden bei Überschwemmungen verringern und eine grössere Artenvielfalt gewährleisten. Dank der durchgeführten Gestaltungsmassnahmen hat der Gewässerraum der Morge jetzt je nach Abschnitt eine Breite von 35 bis 55 m. Vor den baulichen Massnahmen waren es durchschnittlich 15 bis 20 m!
Wiederherstellung einer natürlichen Dynamik
Die natürliche Dynamik eines Fliessgewässers (Abfluss, Erosion, Sedimentablagerungen) schafft auf kleiner Fläche eine grosse Vielfalt an Lebensräumen. Somit sind diese «Auengebiete» für die Biodiversität sehr wichtig.
Seit 1850 sind schätzungsweise 90 % dieser Flächen in der Schweiz verschwunden! Nun gilt es, die verbleibenden Gebiete zu schützen und neue zu schaffen.
Genau das geschieht hier. Wie früher transportiert die Morge ihr Geschiebe und lagert es auf alternierenden Bänken ab, sodass die für solche Flächen typische Vegetation sie wieder besiedeln kann. Die getroffenen Massnahmen sollen die Wiederherstellung von mehr als 7 Hektar natürlicher Auen- und Uferlandschaften ermöglichen.