Pflicht zur Nutzung der Sonnenenergie bei neuen Ge­bäuden

Nachdem die Bundesversammlung am 30. September 2022 dringliche Massnahmen verabschiedet hat mit dem Ziel, kurzfristig eine sichere Stromversorgung im Winter zu gewährleisten, müssen neue Gebäude mit einer Gebäudefläche (anrechenbare Gebäudefläche) von mehr als 300 m2 mit einer Solaranlage ausgerüstet werden.

Diese Pflicht gilt für Baugesuche die ab dem 1. Januar 2023 eingereicht werden.

Das eidgenössische Energiegesetz vom 30. September 2016 (EnG; SR 730.0) wurde von der Bundesversammlung am 30. September 2022 mit dem Ziel geändert, kurzfristig eine sichere Stromversorgung im Winter zu gewährleisten

Der neue Art. 45a Abs. 1 EnG sieht unter anderem vor, dass beim Bau neuer Gebäude mit einer anrechenbaren Gebäudefläche von mehr als 300 m2 auf den Dächern oder an den Fassaden eine Photovoltaik- oder eine Solarthermieanlage erstellt werden muss. Diese Pflicht gilt jedoch nur für Baugesuche, die ab dem 1. Januar 2023 eingereicht werden (Art. 75a EnG)

Der Bund hat die Kantone bereits darauf hingewiesen, dass er nicht beabsichtigt, Durchführungsbestimmungen zu diesem Artikel zu erlassen, da er der Ansicht ist, dass dies Aufgabe der Kantone ist. Darüber hinaus verpflichtet Art. 45 Abs. 2 und 3 EnG die Kantonsregierungen, die Ausnahmen von der Pflicht zur Nutzung der Sonnenenergie in einer Verordnung zu regeln.

Mit Beschluss vom 14. Dezember 2022 hat der Staatsrat beschlossen, die Verordnung betreffend die rationelle Energienutzung in Bauten und Anlagen (VREN) zu ändern und einen neuen Artikel 28a « Pflicht zur Nutzung der Sonnenenergie bei neuen Gebäuden » mit folgendem Wortlaut einzuführen:

  1. Beim Bau neuer Gebäude mit einer anrechenbaren Gebäudefläche von mehr als 300 m² ist auf den Dächern oder an den Fassaden eine Solaranla­ge zu erstellen. Als anrechenbare Gebäudefläche gilt die Fläche innerhalb der projizierten Fassadenlinie.
  2. Die Fläche der Solarpanels oder der Sonnenkollektoren muss mindestens 40 % der anrechenbaren Gebäudefläche betragen.
  3. Die Anträge auf Ausnahmen sind in Artikel 7 dieser Verordnung geregelt. Nicht als wirtschaftlich unverhältnismässig gilt eine Solaranlage, deren Ge­stehungskosten bei Berechnung mit einer Amortisationszeit von 25 Jahren unter 20 Rp/kWh liegen.

Die genannte Änderung der VREN wird im Amtsblatt vom 23. Dezember 2022 veröffentlicht und ist zu diesem Zeitpunkt in der Systematischen Gesetzessammlung verfügbar.

Angesichts der obigen Ausführungen können ab dem 1. Januar 2023 eingereichte Baugesuche nur dann bewilligt werden, wenn die Anforderungen des neuen Artikels 28a der VREN erfüllt sind.

Um Ihnen die Anwendung dieser neuen Bestimmungen zu erleichtern, finden Sie hier einige Fragen und Antworten.

PV Anlage auf dem Dach ©Solalpes Energie SA / Mehrfamilienhaus in Chalais
Solarthermische Anlage in der Fassade ©Kämpfen Architektur - Schweizer Solarpreis 2017

INHALT

Als anrechenbare Gebäudefläche (aGbF) gilt die Fläche innerhalb der projizierten Fassadenlinie, ausgedrückt in [m2] (siehe Art. 18 Abs. 2 kantonales Baugesetz).

Die Fassadenflucht ist die Mantelfläche, gebildet aus den lotrechten Geraden durch die äussersten Punkte des Baukörpers über dem massgebenden Terrain: Vorspringende und unbedeutend rückspringende Gebäudeteile werden nicht berücksichtigt (Anhang 1 Art. 3.1 IVHB).

Die projizierte Fassadenlinie ist die Projektion der Fassadenlinie auf die Ebene der amtlichen Vermessung, wobei die Fassadenlinie die Schnittlinie von Fassadenflucht und massgebendem Terrain ist (Anhang 1 Art. 3.2 und 3.3 IVHB).

Wenn die aGbF eines neuen Gebäudes grösser als 300 m² ist, muss die Sonnenenergie durch die Installation von thermischen und/oder photovoltaischen Solaranlagen genutzt werden.

Es kann frei gewählt werden, ob die erforderliche Installation auf dem Dach und/oder an der Fassade erfolgen soll.

Das Anbringen von thermischen Sonnenkollektoren und/oder photovoltaischen Solarpanels ist zulässig, sofern die vorgeschriebene Fläche von 40 % der aGbF eingehalten wird.

Es ist auch möglich, beide Technologien zu kombinieren. In diesem Fall müssen die Fläche der thermischen Sonnenkollektoren und die Fläche der Photovoltaikpanels zusammen eine Fläche von 40 % der aGbF ausmachen

Die Bestimmung von 40 % der anrechenbaren Gebäudefläche (aGbF) entspricht dem Willen des Bundesgesetzgebers, Solaranlagen einer bestimmten Grösse zu bauen, um u.a. kurzfristig eine sichere Stromversorgung im Winter zu gewährleisten.

Aus technischer Sicht muss die Flächenanforderung die Realisierung einer Solaranlage auf jedem Dachtyp und eine nahezu vollständige Belegung des Daches ermöglichen, abzüglich der üblichen Infrastrukturflächen (Aufzug, Abluftausgang, Belüftung von Sanitärsteigleitungen, usw.). So berücksichtigt diese Anforderung insgesamt die Möglichkeiten, ein Satteldach, von dem eines nach Süden ausgerichtet ist, oder das Dach der Dachgeschosswohnung(en) eines Wohnhauses mit Dachgeschoss vernünftig auszustatten und gleichzeitig eine nahezu vollständige Nutzung des Daches zu ermöglichen.

Bei der Berechnung der Gestehungskosten einer produzierten Kilowattstunde [kWh] müssen folgende Parameter berücksichtigt werden:

  • Nettoinvestition, Subventionen und Steuereffekt abgezogen,
  • Zinssatz für die Investition
  • In der Verordnung festgelegte Amortisationsdauer von 25 Jahren
  • Über 25 Jahre produzierte Energie
  • Betriebskosten (Versicherung, Unterhalt, Ersatz von Geräten, usw.)

Die Berechnung des Selbstkostenpreises der produzierten Kilowattstunde [kWh] muss mit der von SWISSOLAR entwickelten Excel-Datei durchgeführt werden « Wirtschaftlichkeitsrechner ».

  • Anlagen-Kategorie : angebaut / integriert (Punkt 2.1 Kostenrechner)
  • Anlagen-Nennleistung : kWp (Punkt 2.2 Kostenrechner)
  • Anlagen-Lebensdauer : 25 Jahre (point 2.3 Kostenrechner)
  • spezifischer Jahresenergieertrag : kWh/kWp (Punkt 2.5 Kostenrechner) (siehe Kosten- und Nutzenrechner für Ihre Solaranlage (energieschweiz.ch)
  • Degradation : 80% der Anfangsleistung (Punkt 2.6 Kostenrechner)
  • Spezifische Betriebs-und Unterhaltskosten: 0.05 CHF/kWh (Punkt 2.7 Kostenrechner)
  • Investitionssumme : CHF (Punkt 3.1 Kostenrechner)
  • Drittsubvention : z.B. Gemeinde (Punkt 3.2 Kostenrechner)
  • Einmalvergütung Pronovo : KLEIV / GREIV (Punkt 3.3 Kostenrechner)
  • Fremdkapital : Laufzeit 25 Jahre / Zinssatz 2.75 % (Punkt 4.2 Kostenrechner)

Die Gestehungskosten pro kWh CHF/kWh werden unter Punkt 8.12 des Kostenrechners angezeigt.

Beispiel für eine Berechnung

Die Installation einer Solaranlage im Sinnes des neuen Art. 28a VREN gilt als nicht unverhältnismässig, wenn die Gestehungskosten der produzierten Kilowattstunde [kWh] den Mediantarif des Walliser Strompreises im Jahr 2023 für verschiedene Verbrauchsprofile nicht übersteigt. Dieser Mediantarif entspricht etwa 20 Rp/kWh.

Bei den Perspektiven für die Entwicklung des Strommarktes, mit Gestehungskosten von 20 Rp/kWh, wird die Kombination von Eigenverbrauch und Verkauf der Überproduktion dazu führen, dass sich die Investition in eine Photovoltaikanlage amortisiert.

Bei thermischen Solaranlagen liegen die Gestehungskosten für eine erzeugte kWh in der Regel über 20 Rp/kWh. Die Rentabilität einer solchen Anlage hängt vom substituierten Energieträger ab.

Durch Vorlegen einer Berechnung der Amortisationszeit der einzurichtenden Anlage.

Um die wirtschaftliche Unverhältnismässigkeit zu begründen, muss die zu berücksichtigende Amortisationszeit länger sein als die allgemein anerkannte Amortisationszeit für die Kalkulation der Gestehungskosten.

Daher wird eine Installation als wirtschaftliche unverhältnismässig angesehen, deren Amortisationszeit 30 Jahre übersteigt.

Das Aufzeigen, dass eine thermische Solaranlage wirtschaftlich unverhältnismässig ist, rechtfertigt keine Ausnahme, sobald eine Photovoltaikanlage installiert werden kann und diese selbst nicht wirtschaftlich unverhältnismässig ist.

Im Rahmen eines Antrags für eine Ausnahme mach Absatz 3 muss die Berechnung der Amortisationsdauer unter Berücksichtigung der für die Berechnung der Gestehungskosten erforderlichen Parameter (siehe Frage 4) sowie der folgenden Parameter durchgeführt werden:

  • Eigenverbrauchsquote
  • Rückkaufpreis der ins Netz eingespeisten überschüssigen Energie
  • Kaufpreis der aus dem Netz entnommenen Energie

Um die Amortisationsdauer effektiv zu berechnen, muss die von SWISSOLAR entwickelte Excel-Datei « Kostenrechner » verwendet werden, wobei auch die folgenden Parameter dokumentiert werden müssen:

  • Anlagen-Lebensdauer : 30 Jahre (Punkt 2.3 Kostenrechner)
  • Vergütungstarif : CHF/kWh (Punkt 5.1 Kostenrechner)
  • Bezugstarif : CHF/kWh (Punkt 5.1 Kostenrechner)
  • Eigennutzungsgrad : % (Punkt 5.1 Kostenrechner)

Ein eventueller Antrag für eine Ausnahme, im Sinne von Art. 7 der VREN vom 9. Februar 2011, kann schriftlich und ordnungsgemäss unterzeichnet an die für die Baubewilligungen zuständige Behörde (Gemeinde oder KBK) gerichtet werden, die eine Vormeinung der Dienststelle für Energie und Wasserkraft (DEWK) einholen wird.

Die Anträge werden von der DEWK von Fall zu Fall geprüft, wobei sie Folgendes berücksichtigen:

  • Die Lage des Gebäudes (ISOS-Gebiet);
  • Eventuelle technische Schwierigkeiten;
  • Eventuelle wirtschaftliche Gründe.

Im Antrag ist die gewünschte Ausnahme genau anzugeben. Er muss die Argumente für die Gewährung einer Ausnahme enthalten. Dem Antrag sind der Lageplan und die Grundrisse und Schnitte des betreffenden Gebäudes, das Detail zur Berechnung der aGbF, und falls erforderlich, das Detail der Berechnung der Gestehungskosten pro produzierte kWh und die Amortisationsdauer beizufügen.