Reportage

Porträt

Kevin Raux –mein Weg zum Schweizer Pass

Porträt Kevin Raux –mein Weg zum Schweizer Pass

«Ich schwöre!» – diese Worte sind es, die Kevin Raux am 24. Mai 2022 in der Simplonhalle in Brig zum Walliser Bürger machen. An seiner Seite: sein Vater Régis und seine Mutter Celcivane, die mit ihm zusammen diesen feierlichen Moment erleben. Die Familie Raux wird in einem vollen Saal vereidigt – insgesamt 360 Personen sind es an diesem Tag – in Anwesenheit des Staatsrats Frédéric Favre und der für die Einbürgerung zuständige Unterkommission des Grossen Rates. Am Ende der Zeremonie erhält Kevin Raux seinen Heimatschein, und damit geht für den Jungen aus Port-Valais ein langer Weg zu Ende.

Kevin Raux kam 2002 in Nyon zur Welt und zog als Vierjähriger mit seiner Familie ins Wallis. Sehr jung schon kamen seine Eltern in die Schweiz. Sein Vater stammt aus der französischen Region Hauts-de-France, während seine Mutter im brasilianischen Rio de Janeiro geboren wurde. «Bisher habe ich mich immer ein bisschen unwohl gefühlt, wenn man mich nach meiner Herkunft gefragt hat. Ich hatte Angst, in eine Schublade gesteckt zu werden. Man hat mir aber nie zu spüren gegeben, dass ich Ausländer sei – vielleicht auch, weil es niemand wusste». Bis anhin war Kevin im Besitz eines Ausweises C und hat sich im Wallis immer zu Hause gefühlt. Als begeisterter Sportler hat er die Farben seines Wahlkantons immer mit Stolz getragen. In der Saison 2014/2015 wurde er als Mitglied des Walliser Tenniskaders sogar Walliser Meister! Auch im Karate brillierte er an den Schweizer Meisterschaften mit einer Bronzemedaille (2009/2010). Ein Vorzeigebeispiel für die Integration, würden die einen sagen. Doch der Weg zur Schweizer Staatsbürgerschaft verlangt noch einiges mehr ab.

Bisher habe ich mich immer ein bisschen unwohl gefühlt, wenn man mich nach meiner Herkunft gefragt hat. Ich hatte Angst, in eine Schublade gesteckt zu werden. Man hat mir aber nie zu spüren gegeben, dass ich Ausländer sei – vielleicht auch, weil es niemand wusste

Vom ersten Gespräch bis zum Erhalt des Schweizer Passes gilt es für den Kandidaten oder die Kandidatin vierzehn Etappen auf dem Weg der sogenannten ordentlichen Einbürgerung zu meistern. Dabei sind einige etwas aufreibender als andere, wie zum Beispiel die Anhörungen vor den Behörden. Erste Station ist jeweils die Einwohnergemeinde: «In Port-Valais wurde ich gemeinsam mit meinen Eltern vorgeladen. Eigentlich war es mehr ein Gespräch als ein Test. Es ging um die Schweizer Geschichte, Geografie und ihre Institutionen. Alles kein Problem!», erinnert sich Kevin.

Dann die zweite mündliche Prüfung, diesmal beim Kanton. Die Anhörung findet in Anwesenheit der Unterkommission für Einbürgerung des Grossen Rates statt. Für unseren Neuschweizer fiel diese Vorstellung ernüchternd kurz aus: «Ich musste da ganz alleine hin, ohne meine Eltern, und die Fragen stellten sich als schwieriger heraus als gedacht». Das Ergebnis war also leider eher bescheiden. «Vor allem an der Frage nach den Departementen der sieben Bundesräte und dem Unterschied zwischen Stände- und Nationalrat bin ich gescheitert», bedauert Kevin. Sein Vater und seine Mutter bestanden die grosse mündliche Prüfung am selben Tag.

Ich musste da ganz alleine hin, ohne meine Eltern, und die Fragen stellten sich als schwieriger heraus als gedacht». Das Ergebnis war also leider eher bescheiden.
Wäre ich nochmals gescheitert, hätten wir alle wieder bei null anfangen müssen, auch meine Eltern, die alles beim ersten Mal bestanden hatten».

Beim zweiten Versuch war Kevin dann schliesslich erfolgreich: «Diesmal habe ich mich wirklich gut vorbereitet. Zwei Monate habe ich damit verbracht, alles auswendig zu lernen». Doch erst nachdem ihm seine Prüfer gratuliert haben, wird ihm die Tragweite des Ganzen bewusst: «Wäre ich nochmals gescheitert, hätten wir alle wieder bei null anfangen müssen, auch meine Eltern, die alles beim ersten Mal bestanden hatten». Beim Gedanken daran wird ihm noch immer ganz mulmig zumute.

Damit ist klar: Die Schweizer Staatsbürgerschaft muss man sich verdienen. Doch es lohnt sich! Als Schweizer Staatsbürger kann Kevin nun auch in politischen Belangen mitreden. «Dies war fast meine grösste Motivation», erklärt er. «Ich liebe gesellschaftliche Debatten und ich würde mich gerne politisch engagieren. Meine Werte? Unternehmerische Freiheit und sozialer Zusammenhalt liegen mir sehr am Herzen». Unser zukünftiger Politiker lässt sich jedoch noch Zeit, bevor er sich eine Partei sucht. Bis dahin freut er sich auf seine «allerersten Male», wie zum Beispiel die Urversammlung seiner Gemeinde oder die nächste eidgenössische Volksabstimmung.

Ich liebe gesellschaftliche Debatten und ich würde mich gerne politisch engagieren.

Mutter Helvetia verleiht uns nicht nur Rechte, sondern erlegt uns auch einige Pflichten auf. Dazu gehört auch der Militärdienst. Für Kevin ist dies kein Problem: «Ich sehe die Erfüllung der Militärpflicht als eine riesengrosse Chance. Man schliesst Freundschaften und erlebt dabei noch Dinge, die man sonst nie erleben würde. Wenn ich wählen dürfte, würde ich mich für die Luftwaffe entscheiden», fährt der künftige Soldat fort. Doch bevor es für ihn an die Rekrutenschule geht, muss Kevin noch seine Berufslehre als Kaufmann abschliessen. «Die ersten zwei Jahre war ich in der Staatskanzlei. Für mein drittes und letztes Lehrjahr werde ich in die Dienststelle für Wirtschaft, Tourismus und Innovation (DWTI) wechseln».

Der gebürtige1,96 Meter grosse Franco-Brasilianer und frischgebackene Schweizer Staatsbürger ist nun im Besitz von drei Pässen. Überglücklich erklärt er: «In der Schweiz bin ich geboren, hier habe ich meine gesamte Schulzeit verbracht. Meine Wurzeln sind hier, in der Schweiz. Doch werde ich keineswegs meine brasilianische und französische Herkunft leugnen». Aus seinen unterschiedlichen Wurzeln schöpft Kevin seine Kraft. Für sich selbst und für das Wallis, in dem er gross geworden ist.

In der Schweiz bin ich geboren, hier habe ich meine gesamte Schulzeit verbracht.
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Zu Besuch

Gondo

Zu Besuch Gondo

Auf Entdeckungsreise in Gondo

« Gondo ist nicht nur das Unwetter. Gondo ist noch viel mehr. » Yannick Squaratti, Strassenwärter und Gemeinderat zeigt uns die verborgenen Schätze Gondos. Gondo liegt südlich dem Simplonpass, wenige Meter vor der italienischen Grenze. Das Dorf gehört zur Gemeinde Zwischbergen und zählt 74 Einwohner. Bekannt wurde die Ortschaft über Nacht aufgrund der Umweltkatastrophe, die sie am 14.Oktober 2000 erschütterte und 13 Menschen das Leben kostete.

 

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Das Denkmal erinnert an die Tragödie des 14.Oktober 2000.



 
Noch heute ist die zerstörerische Kraft des Unglücks in Gondo erkennbar. Der Stockalperturm auf dem Dorfplatz wurde zur Hälfte vom Murgang mitgerissen. Inmitten des Gebäudes treffen die alten Steinmauern auf die neuen, nach dem Unglück erbauten Mauern.

Doch Gondo steht nicht nur für dieses traurige Unglück. Der in Gondo gebürtige Yannick Squaratti zeigt uns die Vielseitigkeit der Ortschaft.

Ein Übername?

«Fruschingini»

Gondo’s Einwohner tragen im Oberwallis den Übernamen «Fruschingini». Die Bezeichnung steht für Schmuggler. Yannick Squaratti erklärt: «Damit sind die Italiener gemeint, die Kaffee und Tabak über die Grenze schmuggelten. » Noch heute können diese zahlreichen Schmugglerrouten abgelaufen werden..

Eine besonders schöne Wanderung?

Von Zwischbergen über den Tschawinersee zum Monscerapass

Die Strecke gilt als alter Schmugglerpfad. Sie führt von Zwischbergen über zwei Alpen zum Tschawinersee. Der Aufstieg wird mit einem weitreichenden Panorama belohnt. Dann wird die Grenze zu Italien überquert bis zum Rifugio Gattascosa. Von dort aus kehrt der Weg über den Monscerapass in die Schweiz auf die Alpe Pussetta zurück.

Der Wanderweg kann nicht auf der Schweizer Wanderapp geplant werden. Yannick Squaratti erläutert: «Wenn ich die Tour planen möchte, kann die App die Strecke auf italienischem Boden nicht einzeichnen. Ich sehe zwar den Wanderweg auf der Karte, aber die App führt mich an der Schweizer Grenze entlang. Die App registriert nur Pfade auf Schweizer Boden. »

Verkürzte Alternativroute: Um einige Höhenmeter einzusparen, könne man auch mit dem Auto auf die Alpe Pussetta fahren und die Tour von dort aus starten.

Für die Hochmotivierten: Vom Monscerapass kann die Wanderung durch den Aufstieg zum Camoscellahorn verlängert werden. « Im Herbst, wenn die Sicht klar und die Luft dunstfrei ist, kann man sogar den Mailänder Dom sehen. Das ist mir aber bislang erst 1 von 4 Mal gelungen. », erzählt der 26-Jährige grinsend.

Ein Geheimtipp?

Goldminen und Goldwaschen

Gondo’s Goldminen hatte bereits die Römer zu ihrer Zeit in die Gegend verschlagen. Etwas länger als 200 Jahre wurde in den Minen Gold gewonnen. Über die gesamte Zeitspanne hinweg wurden 40 Kilogramm Gold in den Stollen ausgegraben. Eine enorme Menge, wenn man bedenkt, dass auf 1 Tonne Schutt durchschnittlich 2 Gramm Gold gefunden werden.

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Der 160 Meter lange Leopold-Stollen.  
Der 160 Meter lange Leopold-Stollen.

Heute kann man in Gondo in die Fussstapfen der Minenarbeiter treten. Liliane Gruber bietet ganzjährig Touren an. Die vielfältige Besichtigung reicht vom Stollenbesuch, zum Prozess der Goldgewinnung bis hin zum eigenhändigen Gold waschen. Mit Schaufel und Goldwaschpfanne gibt Liliane Gruber Instruktionen, wie das Gold Schritt für Schritt gewaschen wird. Sie findet bei ihrem Waschgang kein Gold und erklärt wiederholt «Da muss man einfach Geduld haben. » Nun sind wir an der Reihe. Yannick Squaratti hat Glück und wird fündig – ein Goldstück. Da könnte man glatt in Goldrausch verfallen!

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Die Goldwäsche: Eine Geduldsaufgabe  
Die Goldwäsche: Eine Geduldsaufgabe

 

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Glosse

Immer diese moderne Technik

Glosse

Immer diese moderne Technik

Einigen bekommt das Leben im Home Office gar nicht mal so schlecht. Vorteile gibt es in der Tat so manche. Der Wecker kann etwas später gestellt werden, das Kantinenessen fällt weg und es dürfen auch mal Spaghetti aglio et olio auf dem Speiseplan landen, ohne dass die Kollegen dabei gleich die Nase rümpfen. Was ich persönlich am Arbeitsalltag in den eigenen vier Wänden allerdings so gar nicht leiden kann, sind Videokonferenzen. Auch nach einem Jahr spielen sich diese gefühlt immer nach dem gleichen Schema ab.

Der Einstieg ist für gewöhnlich ein einziges Durcheinander. Es fallen Sätze und Fragen wie «Könnt ihr mich hören?», «Thomas, bist du auch da? Weiss jemand, ob Tina auch noch zu uns stösst?», «Kannst du uns sehen?», «Ich kann euch zwar hören aber nicht sehen.». Dann, wenn mal alle ordentlich verkabelt sind, wird das Meeting kurzzeitig entweder von einem bellenden Hund, einem schreienden Kind oder einem herzigen Büsi, das über die Tastatur tapst und seinen Allerwertesten in die Kamera hält, unterbrochen. Nachdem nun jeder seinen Kommentar zu den flauschigen Vierbeinern oder dem süssen Nachwuchs abgegeben hat, folgt die Bitte, doch das Mikrofon auszuschalten, wenn man selbst gerade nicht spricht. Damit Geräusche wie die vorherigen nicht die Traktandenliste durcheinanderbringen.

Das wäre dann also definitiv nicht der richtige Moment für den einen Kollegen, uns nach unserer Meinung zu seinem «lustigen» Hintergrundbild zu fragen. Insbesondere, weil niemand es wagt, die Wahrheit laut auszusprechen. Nämlich, dass diese tollen Hintergrundbilder in Wahrheit nicht viel mehr sind als ein Greenscreen, der die Haare oder Teile der Kopfhaut verschwinden lässt.

Also geht es weiter im Programm. Kollege X bittet um etwas Geduld. Denn selbst beim zehnten Videomeeting hat er noch nicht verstanden, wie er seinen Bildschirm mit anderen teilen kann. Und als es schliesslich klappt, bereut er es noch in der selben Sekunde. An dieser Stelle sei gesagt, dass es ratsam ist, gewisse Fenster, die im Browser im Hintergrund noch geöffnet sind, vor der Bildschirmfreigabe zu schliessen.

Das ist definitiv zu viel für mich. Da gibt es nur einen Ausweg. Irgendwie scheint plötzlich die Verbindung so schlecht…ii-i-chchchchch – knister - ka-n uch – knister - nii..meh…ören.

 

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Ratgeber

Conseil : Cybersicherheit

Ratgeber: Wie sieht es mit unserer Cyber Awareness aus?

Wäre der Angriff von echten Cyberkriminellen ausgegangen, hätten sich diese über eine fette Beute gefreut: 1400 Login-Daten von Userinnen und Usern beim Staat Wallis. Zum Glück aber stand hinter der Offensive vom 21. April 2023 die kantonale Dienststelle für Informatik selbst und war in Wirklichkeit eine Phishing-Simulation.

Im Rahmen ihrer Sensibilisierungskampagne für Cyberkriminalität hat die KDI 2022 begonnen, die Cyber Awareness des Personals der Kantonsverwaltung auf Herz und Nieren zu prüfen. Dabei setzt die Dienststelle auf die DiagnoPhish-Methode der Westschweizer Firma Navixia. Zum Programm gehören neben Videos und Merkblättern auch ein Quiz, Schulungsgames und natürlich Pseudo-Phishing-Angriffe. Durch das Programm sollen die Userinnen und User darin geschult werden, Cybergefahren zu erkennen und abzuwehren.

Um die Sicherheitskultur beim Staat Wallis nachhaltig zu verankern, ist Kampagne langfristig angelegt. Wie die Bilanz der ersten 5 Tests ausgefallen ist, verrät uns Jérôme Christen, Projektmanager für Cybersecurity bei der kantonalen Dienststelle für Informatik.

 

 

 

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Blick ins Staatsarchiv

Konkursakten: ungeahnt Archivschätze

Blick ins Staatsarchiv

Konkursakten: ungeahnt Archivschätze

Einmal abgesehen von den mittelalterlichen Manuskripten und Pergamenten, die im Staatsarchiv Wallis aufbewahrt werden, mag die restliche Archivsammlung der kantonalen Dienststellen nebensächlich oder gar langweilig erscheinen. Dennoch stösst man immer wieder auf ungeahnte und wertvolle Funde, mit denen man nicht gerechnet hätte.

In den Konkursakten, die die Dienststelle für Betreibungs- und Konkurswesen jedes Jahr zu hunderten bearbeitet, finden sich teilweise wertvolle Hinweise zum wirtschaftlichen und kulturellen Leben im Wallis. Ist ein Konkursverfahren erst einmal abgeschlossen, werden die dazugehörigen Unterlagen für gewöhnlich nach zehn Jahren entsorgt. In Absprache mit der jeweiligen Dienststelle bewahrt das Staatsarchiv Wallis jedoch einzelne Akten auf, insbesondere wenn die Fälle in den Medien waren oder wichtige Einrichtungen betreffen.

Auf diesem Weg fanden auch die Archivbestände des ehemaligen Comic Festivals Festival de bande dessinée de Sierre, welches von 1984 bis 2004 jährlich über die Bühne ging, ins Kantonsarchiv. Im Jahr 2005 wurde der Verein für insolvent erklärt und die Archivbestände im Rahmen des Konkursverfahrens von der Dienststelle für Betreibungs- und Konkurswesen beschlagnahmt, bis sie 2017 schliesslich dem Staatsarchiv übergeben wurden.

Auch wenn dieser Fundus in den kommenden Jahren noch einem gründlichen Inventar unterzogen werden muss, lässt ein Blick in die zahlreichen Kartonschachteln erahnen, wie vielfältig die Kulturgeschichte unseres Kantons doch ist.

Wer traut sich da noch zu behaupten, die Archive der Kantonsverwaltung seien langweilig?

Inhalt einer Kartonschachtel der Festivalausgabe 1985 (Aktenzeichen CH AEV 5252-2017/61, Karton Nr. 148).

 

 

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