Medienmitteilung Dienststelle für Gesundheitswesen

Potenziell inadäquate Medikation - Ergebnisse einer Studie zu älteren Personen im Wallis

Der Kanton Wallis möchte Massnahmen ergreifen, um den inadäquaten Medikamentenkonsum bei Senioren zu reduzieren. Zu diesem Zweck hat er das Universitätszentrum für Allgemeinmedizin und öffentliche Gesundheit Unisanté mit der Durchführung einer Studie beauftragt.2019 sollen mehr als 39 % der Walliser Bevölkerung im Alter von 65 Jahren und älter ein Medikament verschrieben bekommen haben, dessen Vorteile fragwürdig sind, insbesondere bezüglich des Risikos für Nebenwirkungen. Der Schweizer Durchschnittswert beträgt 34 %. Diese Tendenz, die insgesamt in der Westschweiz stärker ist als in der Deutschschweiz, hängt insbesondere mit Substanzen zusammen, die gegen Angstzustände oder als Schlafmittel verschrieben werden. Zur Eindämmung dieses Phänomens beabsichtigt der Kanton mit den Partnern aus der Praxis konkrete Massnahmen zur Optimierung des «Medikationsabgleichs» oder gar des «Deprescribings» zu ergreifen. Das Gesundheitsdepartement hat bereits im Jahr 2022 die Aufgaben der verantwortlichen Apotheker in Alten- und Pflegeheimen (APH) präzisiert, insbesondere bezüglich der pharmazeutischen Überwachung und Analyse der Verschreibungen.

Im Auftrag des Departements für Gesundheit, Soziales und Kultur (DGSK) hat das Universitätszentrum für Allgemeinmedizin und Gesundheitswesen Unisanté eine Studie über die Verschreibung von potenziell inadäquaten Medikationen (PIM) und Schmerzmitteln bei älteren Personen im Wallis durchgeführt. PIM sind Verschreibungen von Medikamenten, deren Nachteile die Vorteile überwiegen und die durch alternative, weniger schädliche Therapien ersetzt werden könnten. Es handelt sich insbesondere um bestimmte Medikamentengruppen wie Anxiolytika, Sedativa, Hypnotika und Schmerzmittel. Die Analyse von Unisanté beruht auf anonymisierten Rechnungsdaten von 2019 von mehr als 100’000 Versicherten im Alter von 65 Jahren und älter aus neun Schweizer Kantonen. Diese Stichprobe ermöglicht eine repräsentative Abbildung der älteren Bevölkerung. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass sich die übermittelten Daten nur auf die verschriebenen, nicht aber die abgegebenen oder eingenommenen Medikamente beziehen und die Diagnose der Patienten nicht enthalten.

Im Jahr 2019 betrug der Anteil von Patienten mit Polymedikation an der in dieser Studie betrachteten Walliser Bevölkerung 23 %. Polymedikation wird gemeinhin als Einnahme von mindestens fünf verschiedenen Medikamenten pro Tag definiert. Dieser Anteil liegt im Durchschnitt der Westschweizer Kantone. Im gleichen Zeitraum wurde jedoch mehr als 39 % der Walliser Versicherten eine potenziell inadäquate Medikation verschrieben. Dabei handelt es sich um den höchsten Wert unter den untersuchten Kantonen. Diese Tendenz, die insgesamt in der Westschweiz stärker ist als in der Deutschschweiz, scheint insbesondere mit Substanzen zusammenzuhängen, die gegen Angstzustände oder als Schlafmittel verschrieben werden. Dieses Phänomen tritt verstärkt bei der Bevölkerung im Alter von 75 Jahren und älter auf, bei denen ein weitaus höherer Konsum bestimmter Substanzen beobachtet wird, insbesondere bei Bewohnern von APH. Im Übrigen werden je nach Art des verschriebenen Arzneimittels deutliche Unterschiede zwischen den Sprachregionen festgestellt.

Schwierigkeiten beim Informationsaustausch zwischen den verschiedenen Gesundheitsakteuren können einen erschwerenden Faktor bei dieser Tendenz zur Übermedikation darstellen. Laut einer vom Walliser Gesundheitsobservatorium (WGO) durchgeführten Studie über die Beurteilung des Gesundheitssystems durch die Senioren im Wallis liegt der Anteil älterer Menschen, die 2021 mindestens vier Ärzte aufgesucht haben, im internationalen Vergleich verhältnismässig hoch. Im Übrigen geben nur 59 % der Senioren mit chronischer Erkrankung an, mit einer Gesundheitsfachperson Behandlungsziele definiert zu haben, und 66 % erklären, über einen Behandlungsplan zu verfügen. Von den Senioren, die mindestens zwei verschreibungspflichtige Medikamente einnehmen, geben nur 71 % an, ihre Behandlung innerhalb der letzten 12 Monate mit einer Gesundheitsfachperson überprüft zu haben. Schliesslich berichten 13 % der Senioren, dass ein Facharzt notwendige Angaben nicht vom Hausarzt erhalten hat.

Mit dem Ziel, den Konsum von für Senioren nicht empfohlenen Medikamenten zu reduzieren, hat das DGSK bereits 2022 ein Mandat an pharmawallis erteilt, in dem die Aufgaben der verantwortlichen Apotheker in APH präzisiert werden. Diese müssen insbesondere für die pharmazeutische Überwachung und Analyse der Verschreibungen sorgen.

Auf der Grundlage der Ergebnisse und Empfehlungen des Berichts von Unisanté beabsichtigt der Kantonsarzt die Partner aus der Praxis, d.h. insbesondere die Walliser Ärztegesellschaft (SMVS), pharmawallis und die Vereinigung der Walliser APH (AVALEMS) zusammenzubringen, um über die Umsetzung von konkreten Massnahmen und Aktionen zu sprechen, die sowohl im ambulanten Bereich als auch innerhalb von Gesundheits- und Betreuungsinstitutionen auf die Optimierung des «Medikamentenabgleichs» abzielen. Einige dieser Massnahmen werden darauf abzielen, die Ausbildung und die Sensibilisierung der Gesundheitsfachpersonen zu verbessern, wobei der aktuelle medizinische Fachkräftemangel berücksichtigt wird. Eine weitere beabsichtigte Massnahme ist die Einrichtung von Qualitätszirkeln zur Verschreibungspraxis der Ärzte im Hinblick auf ein mögliches Deprescribing. Massnahmen zur verstärkten therapeutischen Aufklärung von Patienten und Angehörigen sind ebenfalls notwendig. Auf diese Weise werden Präventionsaspekte gestärkt, was einen Fokus auf nicht-medikamentöse Alternativen und auf die Beurteilung von Nutzen und Risiken der Verschreibung von bestimmten Medikamente, insbesondere von Psychopharmaka, ermöglicht. Ausserdem wird ein regelmässiges Monitoring der Situation in unserem Kanton durchgeführt.