"Italian Brain Rot": Ein TikTok-Trend, der die Disziplin in den Klassenzimmern beeinflussen wird.
Seit einigen Monaten kursiert in den sozialen Netzwerken, insbesondere auf TikTok, ein neuer Trend, der allmählich auch auf den Schulhöfen von sich reden macht: "Italian Brain Rot". Übersetzt man diesen Begriff, kann man ihn als "italienische Hirnfäule" bezeichnen. Mit der Erklärung des Phänomens wird auch der Name verständlich. Der Begriff regt vielleicht zum Schmunzeln an, ist jedoch bezeichnend für eine breitere Dynamik rund um virale Inhalte und ihre Auswirkungen auf die Sprache und das Verhalten von Jugendlichen.
Wer versteht, was dieser Trend bedeutet, wie er sich ausdrückt und warum er genau beobachtet werden sollte, kann Schüler, insbesondere Teenager, besser betreuen.
Was ist "Italian Brain Rot"?
"Italian Brain Rot" ist eine Form des Nonsens-Humors, die von Teenagern auf TikTok populär gemacht wurde. Sie beruht auf der übertriebenen und absichtlich karikierten Nachahmung italienischer Stereotypen: singender Akzent, ausdrucksstarke Gesten, ständige Verweise auf die Gastronomie (Pasta, Pizza, Mozzarella) und eine Sprechweise, die Französisch, Englisch und erfundene, italienisch klingende Wörter vermischt. Dieser Trend war vor allem den Liebhabern von Videospielen und insbesondere von Super Mario vorbehalten, heute verbreitet er sich unter allen Schülern.
Man spricht «Italian Brain Rot». In Wirklichkeit handelt es sich jedoch um ein Element, das Teil einer allgemeineren Mode ist. Brain Rot und die ständige Exposition gegenüber sinnlosen und stupiden Inhalten, die man ohne Anstrengung und ohne Nachdenken konsumieren kann. Dies zeigt sich auch in unseren Gewohnheiten, stundenlang gedankenlos durch soziale Netzwerke zu scrollen, was dazu führt, dass wir uns am nächsten Tag nicht mehr daran erinnern können, was wir uns angesehen haben. Diese Inhalte dringen also in unsere Gehirne ein, betäuben gewissermassen unser Denken und zerstören nach und nach unsere aktive Fähigkeit, auf das Gesehene zu reagieren. Ein Beispiel dafür ist das Brain Rot for cats, das sich in einer Endlosschleife befindet. Unbegründete und dumme Legenden besagen, dass es Katzen gut tut, dieses Video in einer Endlosschleife zu sehen.
Es ist in Wirklichkeit ein süchtig machendes Video, das unser Gehirn amorph werden lässt. Durch den Konsum werden wir zu lustlosen und passiven Zuschauern. Und je öfters wir diese Inhalte konsumieren, umso mehr werden sie in sozialen Netzwerken angeboten.
Das ist ein Problem und es sollte deshalb mit dem Italian Brain Rot angesprochen werden.
Und mittlerweile ist auch die GKI dazugekommen ...
Mit der Generativen Künstliche Intelligenz (GKI) können solche Inhalte sehr schnell, einfach und in grosser Anzahl erstellt werden.
In Italian Brain Rot tragen die Charaktere Fantasienamen und das Internet ist voll von Videos, in denen man ihr Foto mit ihrem Namen sieht, der mit einem übertriebenen italienischen Akzent ausgesprochen wird. Manchmal stimmen ihre Namen auch mit ihrem Aussehen überein. So ist Bombardiro Crocodilo ein Krokodil mit dem Körper eines bombardierähnlichen Flugzeugs, an dem eine Bombe an einem Faden hängt. Ballerina Cappuccina ist eine Ballerina mit dem Kopf einer Kaffeetasse. Chimpanzini Bananini ist ein grüner Affe in einer Bananenschale.
Diese Charaktere haben alle eine persönliche Geschichte, die erzählt, woher sie kommen, wie sie miteinander verwandt sind, aber auch, warum sie manchmal zerstritten sind oder sich bekämpfen.
Die einfache Erstellung von Text-, Audio- und Videoinhalten durch die GKI ermöglicht es, diese inhaltslosen Geschichten massenhaft zu erstellen, auch Videos, in denen sie dargestellt werden, sowie Lieder, die ebenfalls im Kopf bleiben. Das Problem mit diesen Liedern, Bildern und Geschichten: Sie strotzen vor sexuellen Anspielungen (ohne Subtilität durch die Verwendung roher Wörter), verharmlosenden Aussagen über Gewalt, Rassismus oder Homophobie unter dem Deckmantel einer Geschichte oder einfacher, aber stumpfsinniger Lieder. Deshalb werden sie auch Italian Brain Rot genannt, weil sie das Gehirn gewissermassen abstumpfen lassen.
Eine Darstellung, die nicht gleichgültig lässt!
Diese Inhalte beruhen auf einem einfachen psychologischen Paradoxon: Sie sind gleichzeitig ohne Logik und Regeln, haben aber einen hohen Wiedererkennungswert. Dadurch lösen sie das aus, was in der Neurowissenschaft als "inkongruenter Aufmerksamkeitsbias" bezeichnet wird: Unser Gehirn fühlt sich gezwungen, Bedeutung zu finden und zu setzen, wo keine ist, was dazu führt, dass man sich an diese Begriffe und Bilder klammert und versucht, sie zu verstehen. Unbewusst merken wir uns so diese Namen, Bilder oder Lieder.
Italian Brain Rot nutzt dieses Paradoxon perfekt aus, indem es seine Lieder und Klänge auch mit ASMR (autonome sensorische Medianreaktion: wohltuendes Kribbeln auf der Haut, welches durch bestimmte Geräusche, Klänge oder Stimmen ausgelöst wird), ohrenbetäubender Wiederholung und einfach zu merkenden Melodien kombiniert.
Auf welche Risiken oder Fehlentwicklungen sollte man achten?
Es ist verständlich, dass dieses geschaffene Universum - ebenso wie die Welt der Magic-Karten oder der Pokémon - einen Raum definiert, in den sich Jugendliche zurückziehen können. Dies birgt jedoch Risiken, da es an einem Rahmen, an Regeln und an Mässigung fehlt.
- Der Gebrauch einer "parasitären" Sprache setzt sich bei einigen Schülern fest, die diese Ausdrücke in ihre alltägliche Kommunikation einbauen, was ihre mündliche oder schriftliche Ausdrucksfähigkeit beeinträchtigen kann. Neue Trends arbeiten oft mit Slang, Wortverdrehungen, englischsprachigen Abkürzungen, aber hier kann das ständige laute und wortreiche Aussprechen von Wörtern und Namen mit einem schiefen italienischen Akzent die Disziplin und das Zuhören im Unterricht verschlechtern.
- Sexuelle, homophobe oder fremdenfeindliche Wörter, Anspielungen und Bezüge werden in Dauerschleife gehört, was dazu führt, dass illegales, respektloses und in einem schulischen Umfeld unzulässiges Verhalten und Sprechen tendenziell normal wird. Das Problem ist immer dasselbe: Wenn es so häufig vorkommt, neigen Jugendliche dazu, es für zulässig zu halten («Dasch doch nit schlimm!»), da es in den sozialen Netzwerken, allen voran TikTok, keine wirksame Moderation gibt. Ein eklatantes Beispiel dafür ist die Figur "Bombardiro Crocodillo", wo es nach der Übersetzung in einem Video heisst: "Ein fliegendes Krokodil, das Kinder in Gaza und Palästina bombardiert".
- Die Banalisierung von Stereotypen - auch wenn sie "zum Spass" erfolgt - durch einen forcierten italienischen Akzent verschärft eine vereinfachte (oder sogar spöttische) Sicht auf die italienische Kultur. Die meisten der gesprochenen Wörter existieren im Italienischen nicht.
- Bei Schülern, die bereits mit schulischen Schwierigkeiten zu kämpfen haben, ist die Frage noch wichtiger; diese Tendenzen können Ausdrucksgewohnheiten verstärken, die im schulischen Umfeld nicht angebracht sind.
- Diese Namen oder Lieder, die immer wieder gezeigt werden (und der Filterblaseneffekt verstärkt das Phänomen), neigen dazu, die Aufmerksamkeit zu fokussieren und abzustumpfen, wodurch die Konzentrationsfähigkeit beeinträchtigt wird.
Was soll man damit im Unterricht anfangen?
Natürlich geht es nicht darum, diese Tendenz zu verteufeln, denn das ist die beste Art, ein Thema zu pushen und gleichzeitig den Dialog abzubrechen. Sie neugierig zu beobachten und sie als Einstiegspunkt für wesentliche Themen zu nutzen, ist ein deutlich geeigneterer Ansatz. Wenn sie sich im Unterricht zeigt, wird es beispielsweise möglich, folgende Fragen gemeinsam anzugehen:
- Der Unterschied zwischen Humor und Stereotyp
- Die Auswirkungen sozialer Netzwerke auf Sprache und Kultur
- Der Filterblaseneffekt
- Mögliche Gründe für die Generierung viraler oder künstlich generierter Inhalte
- Die Art und Weise, wie junge Menschen ihre Identität durch die Digitalisierung aufbauen
Weiterführende Links:
- Artikel in Le Parisien: Italian Brain Rot wird beschuldigt, Hassbotschaften zu verbreiten
- Namuwiki: Verzeichnis der Charaktere
- Artikel aus Wikipedia
- Artikel in Die Presse: Mit dem Verrotten der Hirne ist es noch nicht zu Ende
- Artikel auf Docma: Viraler KI-Nonsens als Spiegel digitaler Bildkultur
- Artikel auf Juuuport: Italien Brainrot Trend kurz erklärt
