Reportage

Porträt

null Arsène Duc : die Liebe zur Musik, von Stabat Mater bis Def Leppard

PorträtArsène Duc : die Liebe zur Musik, von Stabat Mater bis Def Leppard

Fashion Week

Vorhang auf im Théâtre libre de Paris. Ein Raunen geht durch die Zuschauerränge, als an der Modeschau des jungen Walliser Designers Kévin Germanier die Dorfmusik Ancienne Cécilia auf der Bühne steht. Unter der Leitung von Arsène Duc, der sich als Dirigent einen grossen Namen in der Brass-Band-Szene gemacht hat, stimmen die Bläser die ersten Töne ihres Stücks an, während das erste Model über den Laufsteg schreitet. « Kévin wollten den Überraschungseffekt, er hat niemandem von uns erzählt. Die Idee war einfach grossartig », vertraut uns der Dirigent der Musikgesellschaft aus Chermignon sichtlich gerührt an.

An diesem Tag führen die Blechbläser der Ancienne Cécilia das Allegretto der von Karl Jenkins komponierten Streichersuite Palladio und zwei Strophen aus dem Stabat Mater auf. Die originelle und von der Barockmusik inspirierte Darbietung dauert zehn Minuten, mit stetigem Blick auf die Uhr. «Diese rhythmische Musik ist sowohl mitreissend als auch zurückhaltend. Ich dachte, dass es musikalisch passen würde, und es war ein voller Erfolg», erinnert sich Arsène.

 

Kévin wollten den Überraschungseffekt, er hat niemandem von uns erzählt. Die Idee war einfach grossartig
 

In Paris führte die Ancienne Cécilia drei Stücke von Karl Jenkins auf. Hier sind sie in voller Länge und in der Reihenfolge der Parade.

1. Allegretto du Palladio – Karl Jenkins – Ancienne Cécilia

2. Paradisi Gloria du Stabat Mater – Karl Jenkins – Ancienne Cécilia

3. Sancta Mater du Stabat Mater – Karl Jenkins – Ancienne Cécilia

Haute couture und Blasmusik

Der Pariser Glamour, der Medienrummel und das Spektakel der Fashion Week haben den Dirigenten der Musikgesellschaft beeindruckt. «Man muss es wirklich erlebt haben, um es glauben zu können», erklärt er. Mode und Blasmusik, zwei völlig gegensätzliche Welten? Eigentlich nicht. Arsène Duc ist überzeugt, dass sich die beiden Welten ähnlicher sind, als man denkt: «Ob in der Mode oder in der Musik, wirklich entscheidend sind die Details. Kévin und ich haben die gleiche Leidenschaft, nämlich Perfektion.» Daher wurden die musikalischen Stücke für die Modenschau auch sorgfältig ausgewählt. Stil, Tempo und der Komponist Karl Jenkins: Die beiden Männer überliessen nichts dem Zufall.

 

Man muss es wirklich erlebt haben, um es glauben zu können

 

Avantgardistische Mode vor dem Hintergrund traditioneller Kostüme: Die Chemie stimmt. Intensive und magische Momente für den Leiter der Ancienne Cécilia.

 

Der letzte Schliff

Arsène Duc ist ein Perfektionist, eigentlich sogar richtig pingelig. Zu dieser Seite seiner Persönlichkeit steht er voll und ganz. Bei den Proben hört man einen Satz immer wieder: «Wir geben dem Ganzen jetzt noch den letzten Schliff.» Diese Phase findet in der Regel zwei bis drei Wochen vor einem Auftritt oder Wettbewerb statt. «Präzision, Klarheit, Intonation: Wir konzentrieren uns auf die Technik und bestimmte Passagen, damit das Ensemble noch besser klingt. Das ist eine spannende Herausforderung».

In der Haute Couture findet die Arbeitsweise des Dirigenten grossen Anklang. Dabei konzentriert sich der Meister auf zwei wesentliche Elemente: Exzellenz und das Werk immer wieder neu in Angriff zu nehmen. Sei es auf dem Laufsteg oder bei einem Wettbewerb, der Schlüssel liegt in der Liebe zum Detail. Arsène Ducs bemerkenswerter Palmarès ist Beweis genug für die Trefflichkeit dieses Ansatzes.

Der Oscar des Dirigenten

Der Virtuose aus Chermignon kann auf unzählige Titel als Dirigent auf nationalen und internationalen Bühnen zurückblicken. 2017 gelang ihm die Sensation, als er mit der Valaisia Brass Band die prestigeträchtige British Open Brass Band Championship gewann. Dieser Sieg kam einer historischen Leistung gleich. Zum ersten Mal erspielte sich eine Brass Band jenseits des Ärmelkanals den begehrten Titel und Duc wurde die Ehre zuteil, den Oscar des Dirigierens ins Wallis zu holen.

Mit der Ancienne Cécilia, der Brass Band Fribourg und der Valaisia Brass Band hat der Maestro mehr oder weniger alles gewonnen, was es in der Welt der Blasmusik zu gewinnen gibt. Doch auch mit 60 Jahren und nach 36 Jahren als Dirigent ist Arsène noch immer voller Tatendrang. Der begeisterte Motivator verrät uns sein Geheimnis: «Die Leidenschaft der Musikerinnen und Musiker und die Jungen sind mein Antrieb».

Musik im Blut

«Ich könnte mir keinen einzigen Tag ohne Musik vorstellen, sie kreist ständig in meinem Kopf», gibt Arsène zu. Seine Leidenschaft entdeckte er bereits als kleiner Junge, mit gerade mal sieben Jahren hielt Arsène sein erstes Euphonium in der Hand und als Elfjähriger wurde er Mitglied der Ancienne Cécilia. «Wir hatten damals die Wahl zwischen Fussball und der Dorfmusik. Für mich war es klar, dass ich musizieren wollte», erinnert er sich. Nichts Aussergewöhnliches also, denn die Familie Duc hat die Blasmusik im Blut – mittlerweile in vierter Generation. Vater Philbert blickt auf eine 68-jährige Musiklaufbahn zurück und auch Arsène hat den Virus an seine Kinder Valentin (29) und Aline (26) weitergegeben. «An Wettbewerben, Konzerten oder Ausflügen wie nach Paris sind wir jeweils als Familie unterwegs. Welch ein Glück, dass wir das gleiche Hobby teilen», betont er.

 

Für mich war es klar, dass ich musizieren wollte

 

Die Blasmusik, das Familienhobby der Ducs. Arsène mit seinem Sohn Valentin. Auch seine Tochter Aline und seine Frau Marguerite waren in Paris mit von der Partie.

 

Higelin und Heavy Metal

Arsène liebt Musik, und zwar jede Art von Musik. Natürlich Klassik, aber auch französische Musik wie Jacques Higelin. Als Teenager entdeckt er The Clash, die Ramones und die Sex Pistols. «Das war am Anfang der Punkbewegung, ich war elf Jahre alt. Das war ziemlich verrückt». Es folgte seine Heavy-Metal-Phase, in der er vor allem Led Zepplin, AC/DC und Judas Priest hörte und auch seine Leidenschaft für Metal ist bis heute ungebrochen. Im Juni 2023 reiste Arsène nach Thun, um live bei einem Konzert von Def Leppard und Mötley Crüe dabei zu sein.

Die Suche nach dem Gleichgewicht

 

Musik gibt in seinem Leben den Takt an. Obwohl er von seiner Leidenschaft hätte leben können, hat sich Arsène Duc für einen anderen Weg entschieden. Als Abgänger der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Lausanne ist er seit 2009 Chef des Verwaltungs- und Rechtsdiensts für Bildungsangelegenheiten im Departement für Volkswirtschaft und Bildung (DVB). Die Vereinbarkeit von Arbeit und Musik ist eine Frage des Gleichgewichts: «Die beiden Aktivitäten ergänzen sich. In den Proben bin ich immer motiviert, in der Arbeit ebenso.» Auch im Büro fehlt die musikalische Komponente nicht: «34 Personen arbeiten für den Dienst, das entspricht der Besetzung einer Brass Band», scherzt der Dienstchef. 1993 wurde er beim Staat Wallis eingestellt und ist seinem Arbeitgeber seither stets treu geblieben.

 

Treue und Zuverlässigkeit

Treue gehört zu den Werten, die Arsène besonders schätzt. Genauso wie Zuverlässigkeit. «Wenn jemand zuverlässig ist, bedeutet mir das sehr viel», betont er. Dies merkt man auch an seinem Bestreben, unter allen Umständen das Richtige zu tun, selbst wenn er oft unter Druck steht: «In Paris war der Druck anders als bei der British Open Brass Band Championship in Birmingham, aber er war trotzdem da. Es war wichtig, dass für Kévin alles perfekt über die Bühne ging».

Die nächste Bewährungsprobe ist das Kantonale Musikfest Wallis im Juni in Crans-Montana. Die Fanfare Ancienne Cécilia wird in der Kategorie Brass Band Excellence auftreten. Einmal mehr wird der Dirigent alles daransetzen, eine gute Leistung zu erbringen, zumal es ein Heimspiel ist und sein Verein das Fest mitorganisiert. Seine Musikerinnen und Musiker wissen, dass nun die Phase des letzten Schliffs begonnen hat.

© photos - 360DSM - Etienne Bornet

 

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