In Begleitung von...Ein Tag in Begleitung des Staatskanzlers

Philipp Spörri empfängt uns an diesem Mittwochvormittag in der Maison de la Préfecture, auch Maison de Kalbermatten, im Herzen unserer Kantonshauptstadt. Wobei der Wochentag nicht zufällig gewählt wurde:

Der Mittwoch ist immer ein spezieller Tag, weil der Staatsrat da seine wöchentliche Sitzung abhält. Und weil das Regierungsgebäude gerade saniert wird, tagt die Kantonsregierung im ehemaligen Präfekturgebäude, erklärt der Staatskanzler

Es ist 8:20 Uhr als Philipp Spörri aus seiner ersten Sitzung kommt, gleich danach folgt die Vereidigung zweier Notare. Die Zeremonie findet in einem der historischen Säle des ehrwürdigen Gebäudes in Anwesenheit der Staatsräte statt. Der Anlass ist kurz, aber dennoch feierlich. Als Hüter der staatlichen Institutionen ist Kanzler Spörri nicht nur für die Vereidigung der neuen Notare, sondern auch für jene der Bezirkspräfekten zuständig.

 

Der Terminkalender an diesem Mittwoch lässt keine Zeit für eine Verschnaufpause. Glückwünsche, ein kurzes Händeschütteln und schon geht es für die Staatsmänner weiter zur Staatsratssitzung. Am Verhandlungstisch hat der Kanzler seinen festen Platz und eine klar definierte Rolle. «Ich bin da, um den Dialog zu fördern und gleichzeitig darauf zu achten, dass der gesetzliche Rahmen eingehalten wird», betont Philipp Spörri. Zudem hat er auch eine beratende Stimme:

"Ich kann mich tatsächlich zu jedem Dossier äussern. Aber das tue ich nur, wenn ich einen Mehrwert zur Diskussion beitragen kann."

Die Definition einer gelungenen Sitzung ist für den Staatskanzler ganz klar: "Eine gute Sitzung ist es dann, wenn verschiedene Standpunkte und Ansichten ausgetauscht werden. Emotionen und Ärger gehören manchmal dazu, doch das Ergebnis ist so oft besser als in einer Sitzung ohne Diskussionen. Von den Beratungen dieses Tages werden wir natürlich nichts erfahren, tagt doch die Regierung hinter geschlossenen Türen und unter strengster Geheimhaltung. Wir verlassen deshalb den Raum. 

Der Staatskanzler ist ein enger Vertrauter der politischen Entscheidungsträger. Doch das macht ihn keinesfalls zu einem sechsten Staatsrat. Philipp Spörri betont: «In meinen Augen ist ein Kanzler kein Politiker, sondern ein Mitglied des Regierungsstabes, das bei allen Akzeptanz geniessen muss. Er gehört keiner Partei oder politischen Richtung an».

Politisch war der promovierte Jurist selbst übrigens nie tätig: «Meine politische Einstellung hängt vom jeweiligen Thema ab. Ich kann also zu links oder rechts tendieren, und so wird es schwierig, sich für eine Partei zu entscheiden.» Philipp Spörri sieht sich in erster Linie als Staatsdiener:

Ich bin nicht für mich selbst da, sondern für die Mitbürgerinnen und Mitbürger.

Die Staatsratssitzung neigt sich nach nur zweieinhalb Stunden dem Ende zu. «Die Sitzung war gut, zu kurz, aber gut», bemerkt der Kanzler beim Verlassen des Saales.

Die Sitzung wurde verkürzt, da die Staatskanzlei und das Präsidium des Staatsrats an diesem ersten Herbsttag das jährliche Treffen der ehemaligen Walliser «Minister» organisiert haben. Aktuelle Amtsinhaber und frühere Regierungsmitglieder werden allesamt in Leuk zu einem Apéro in den Gärten des Bischofsschlosses erwartet. Im Anschluss folgt das Mittagessen auf dem Gemmipass oberhalb von Leukerbad.

Auch die Alt-Kanzler sind zu diesem Wiedersehen eingeladen. Philipp Spörri trifft seinen Vorgänger Henri von Roten. Über die Kanzlerschaft an sich wird aber eher am Rande gesprochen. «Er erzählt mir von seiner Pensionierung und ich plane schon mal die meine», vertraut uns Philipp Spörri an, der Ende Januar 2023 sein Amt niederlegen wird.

Der amtierende Kanzler Philipp Spörri und seinen Vorgänger Henri von Roten

Im Wallis hat der Staatskanzler vor allem die Rolle des Stabschefs der Regierung inne, doch nicht nur das: «Er leitet auch die Kanzlei und ist der erste Ansprechpartner für den Bund», fasst Philipp Spörri zusammen. Den Beruf erlernt man durch die Praxis und nicht auf der Schulbank: «Es gibt keine Kanzlerschule. In der Schweiz haben 90 % der Kanzler einen juristischen Hintergrund. Das heisst aber nicht, dass man unbedingt Jurist sein muss, um Kanzler zu werden. Aber es ist sicherlich von Vorteil.»

Erst einmal im Amt, variiert auch die Arbeitsweise von einem Staatskanzler zum anderen. Manche nehmen es mit dem Protokoll sehr genau, andere wiederum weniger. Dies gilt auch für unseren Stabschef: «Die Gesellschaft entwickelt sich, die Politik ebenso. Heute rückt das Protokoll aus Gründen der Effizienz immer mehr in den Hintergrund».

«Bereit für das Foto?», ruft die Fotografin dem Grüppchen zu, das sich auf der Terrasse des Panoramarestaurants auf der Gemmi für das Erinnerungsbild bereitmacht. Anschliessend lädt der Kanzler die Gäste ins Restaurant, die Stimmung ist ungezwungen.

Sie sitzen in der Regierung oder haben ihr angehört. Amtierende Staatsräte posieren für ein Erinnerungsfoto mit ehemaligen Mitgliedern der kantonalen Exekutive. : Raymond Deferr, Bernard Comby, Wilhelm Schnyder, Serge Sierro, Thomas Burgener, Jean-Jacques Rey-Bellet, Claude Roch et Esther Waeber-Kalbermatten.

Seit der Verfassung von 1848 zählt das Wallis nur wenige Kanzler, und das aus gutem Grund: Das Amt ist zeitlich nicht begrenzt. Philipp Spörri wird daher für immer die Nummer 10 bleiben: «In die Geschichte werden wir Kanzler wohl eher nicht eingehen. Wir sind im Hintergrund tätig, darum kennen uns die Leute auch nicht und sie wissen kaum, was wir tun».
Seinem Kanton zu dienen, mit Bescheidenheit und Diskretion, das ist schliesslich die Bestimmung eines jeden Staatskanzlers.

 

Philipp Spörri wird die Schlüssel der Staatskanzlei am 1. Februar 2023 an Monique Albrecht übergeben.

Philipp Spörri wird die Walliser Kantonsverwaltung schon bald verlassen. Der Staatskanzler geht Ende Januar 2023 in seine wohlverdiente Pension.

Nach über 12 Jahren im Amt übergibt er an Monique Albrecht.

Interview bilan

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