In Begleitung von...Marcel Odermatt, technischer Sachbearbeiter Ausnahmetransporte im Wallis

Bereit für die Abfahrt

Auf dem Parkplatz der Raffinerie in Collombey-Muraz herrscht reges Treiben. In der eisigen, dunklen Nacht bereiten sich zwei Schwertransporter auf die Abfahrt vor. Scheinwerfer leuchten das Gelände ab, während die Motoren bereits auf Hochtouren laufen. Vor Ort ist auch Marcel Odermatt, der das Gesuch des Transportunternehmens im Vorfeld geprüft und grünes Licht gegeben hat. Um 21 Uhr darf der Konvoi das Gelände verlassen.

Ein Transport jenseits aller Normen

Die Ladung besteht aus Einzelteilen der Raffinerie und ist für den Hafen von Basel bestimmt.

Beladen wiegen die beiden Fahrzeuge jeweils 64 Tonnen. Allerdings ist es nicht das Gewicht, das diesen Transport bemerkenswert macht, sondern vielmehr seine aussergewöhnliche Breite von 7,3 m. «Das ist gewaltig», erklärt Marcel. «Kein Chauffeur ist solche Dimensionen gewohnt. Das ist fast dreimal so breit, wie die Verkehrsregelnverordnung es erlaubt».

 

Kein Chauffeur ist solche Dimensionen gewohnt.

 

Schwerer, länger, breiter

Auf den Walliser Strassen werden immer häufiger Transporte von aussergewöhnlichen Dimensionen durchgeführt. Im Jahr 2023 erteilte der Kanton 565 Sondergenehmigungen für solche Verkehrsriesen, siebenmal mehr als noch vor 15 Jahren. «Als ich anfing war ein Hunderttonner eine Seltenheit», erklärt der Fachmann. «Heute wickeln wir schon wöchentlich Transporte dieser Grössenordnung ab». Schwerer, länger, breiter – in diese Richtung geht der Trend bei den LKWs aktuell. Was Marcel Odermatt nicht unbedingt missfällt, denn: «Je grösser, desto spannender», gibt er zu.

Die Kurven von Niouc

Von den unzähligen Konvois, die der 60-Jährige bereits erlebt hat, ist ihm der Seiltransport der Seilbahn Grimentz-Zinal besonders in Erinnerung geblieben. Die logistische Meisterleistung fand im Sommer 2013 statt. Damit die schweren Spulen bewegt werden konnten, wurde ein beeindruckender 39 Meter langer Anhängerzug eingesetzt, der die kurvigen Strassen des Val d'Anniviers in Angriff nahm. Die Kurven von Niouc schienen unüberwindbar, der Spediteur lehrte jedoch alle eines Besseren: «Um die Kurven zu schaffen, hatte der Spediteur zuerst auf dem Gelände seines Unternehmens geübt. Er hatte die Serpentinen mit einem Spray originalgetreu auf dem Boden nachgezeichnet», erzählt Marcel. Dieser Transport erforderte eine akribische Vorbereitungszeit von zwei Jahren. Als die Operation dann schliesslich über die Bühne ging, sorgte sie für Furore: «Es war wie bei der Tour de France, es gab Zuschauer zu beiden Seiten der Strasse.» Einfach unvergesslich.

Rund 3000 Bewilligungen pro Jahr

Der Aufgabenbereich der Kantonsstelle für Ausnahmetransporte beschränkt sich nicht nur auf solche Monster-Transporte, auch Fasnachtswagen fallen beispielsweise in ihren Zuständigkeitsbereich. Laut Gesetz muss für jedes Fahrzeug, das breiter als 2,55 m, länger als 16,5 m oder höher als 4 m ist, vorgängig eine Bewilligung für die Nutzung der öffentlichen Strassen eingeholt werden. Darüber hinaus gewährt die Stelle Zufahrtsrechte für Streckenabschnitte, die normalerweise für den Verkehr gesperrt sind, wie die Strasse Täsch-Zermatt. So erteilte der Kanton 2965 Sonderbewilligungen im Jahr 2023. Durch eine eigene Internetplattform für Ausnahmetransporte werden Einreichung und Bearbeitung der Gesuche erleichtert. In der Regel dauert es gerade mal drei Arbeitstage, um eine Bewilligung zu erhalten.

Die Helfer: Strasssenmeister und Ingenieure

Ein kleines Team bearbeitet all diese Anfragen. «Wir sind zwei Personen mit einem Pensum von insgesamt 160 %», erklärt Marcel Odermatt. Sein Büro ist der Dienststelle für Mobilität angegliedert und dies aus gutem Grund: «Aufgrund der Topografie des Wallis und der Dichte unseres Strassennetzes stehen wir in täglichem Kontakt mit unseren Kollegen, den Ingenieuren und Strassenmeistern der DFM.» Diese Zusammenarbeit ist absolut entscheidend, um den Zustand von Brücken oder Strassen zu beurteilen, bevor man gewissen Schwergewichten die Zufahrt erteilt.

Höflichkeit und Gewissenhaftigkeit

Das kantonale Büro für Ausnahmetransporte ist ganz klar kundenorientiert. «Wir sind da, um den Transportunternehmen zu helfen», betont Marcel. Welche Eigenschaften es für diesen Posten benötigt? «Ich würde sagen: Höflichkeit und Gewissenhaftigkeit», antwortet der ehemalige Grenzwächter. «Höflichkeit ist sehr wichtig, denn Spediteure sind sehr oft in Eile oder sogar gestresst. Gewissenhaftigkeit ist unerlässlich, da es keinen Spielraum für Fehler gibt». In seinen 16 Jahren bei der DFM hat Marcel Odermatt noch keine grösseren Komplikationen erlebt: «Vor kurzem war der Verkehr im Goms aufgrund einer Lastwagenpanne unterbrochen. Die Reparatur der beschädigten Achse hat zweieinhalb Stunden gedauert. Aber sonst war ich zum Glück noch nie mit grösseren Problemen konfrontiert».

Höflichkeit ist sehr wichtig, denn Spediteure sind sehr oft in Eile oder sogar gestresst. Gewissenhaftigkeit ist unerlässlich, da es keinen Spielraum für Fehler gibt

Unterwegs

Zurück nach Collombey-Muraz. Es ist 21 Uhr als sich der Konvoi im Schritttempo in Bewegung setzt. Begleitet wird er von fünf Fahrzeugen, darunter ein Werkstattfahrzeug. «Je nachdem wie eng die Fahrbahn ist, müssen Verkehrsschilder und Leitplanken demontiert und anschliessend wieder montiert werden. Die Teams sind dafür entsprechend ausgerüstet und ausgebildet», erklärt der Fachmann.

In fünf Kilometern werden die beiden Sattelschlepper über die Auffahrt St-Triphon auf die Autobahn auffahren. Marcel Odermatt wird dann an seine Waadtländer Kollegen übergeben. Mission beendet.

 

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