Blick ins Staatsarchiv

1917 - Einschränkung der Nutzung von Kohle und elektrischer Energie

Ein möglicher Energiemangel ist in diesen Tagen aktueller denn je. Ein Blick ins Archiv zeigt, dass unser Land während des Ersten Weltkriegs schon einmal mit diesem Risiko konfrontiert war, und welche Massnahmen ergriffen wurden, um die Lage zu bewältigen. Wie wir wissen, blieb die Schweiz zwar vor militärischen Angriffen verschont, die wirtschaftlichen Folgen dieses Konflikts trafen sie jedoch mit voller Wucht[1] . Dies hatte zur Folge, dass der Bundesrat ab 1914 unbeschränkte Vollmachten erhielt und darauf gestützt eine Kriegswirtschaftspolitik einführte, um den Blockaden der Grossmächte entgegenzuwirken und die Versorgung des Landes mit Rohstoffen sicherzustellen. Im August 1917 wurde schliesslich ein Bundesbeschluss über die eingeschränkte Nutzung von Kohle und elektrischer Energie erlassen, wobei die Umsetzung der Massnahmen den Kantonen übertragen wurde. Statt eine direkte Rationierung der Kohle- oder Gasmengen anzuordnen, zog es der Bundesrat jedoch vor, auf die Verbrauchsgewohnheiten einzuwirken, indem Heizung und Beleuchtung gedrosselt werden mussten.

 

In diesem Zusammenhang erliess der Walliser Staatsrat am 19. Oktober 1917 einen entsprechenden Beschluss, der insbesondere Folgendes vorsah:

  • Die Geschäfte sind an Sonntagen und Feiertagen zu schliessen, mit Ausnahme von Geschäften in Berggemeinden.
  • Die Geschäfte dürfen nur zwischen 8:30 und 19:00 Uhr geöffnet sein.
  • Jegliches Heizen vor der Öffnungszeit in Herbergen ist verboten.
  • Hotels und Pensionen ist es verboten, mehr als ein Viertel ihrer Zimmer zu heizen. Sollten die Temperaturen jedoch auf -5° sinken, ist eine Ausnahmegenehmigung möglich.
  • - Es darf, mit Ausnahme gewisser Berufsgruppen, ausschliesslich von Montag bis Samstagmittag gearbeitet werden, jeweils von 08:00 bis 17:00 Uhr. Diese Arbeitsorganisation gilt für die Angestellten der kantonalen Verwaltung, die Arbeitnehmenden der Privatwirtschaft und die Walliser Schüler.
Darstellung einer handgefertigten Kurve zum täglichen Stromverbrauch 1917. CH AEV 3510-1, 2.6.

 

Schon einen Monat vor diesem Beschluss hatte der Gasversorgungsdienst der Stadt Sitten die Stadtbevölkerung bereits über den beträchtlichen Preisanstieg von Gas und die Versorgungsschwierigkeiten in Kenntnis gesetzt. Der Gaspreis war zum einen vor allem aufgrund der Teuerung der Kohle angestiegen, zum anderen war er aber absichtlich in die Höhe getrieben worden, um den Verbrauch zu begrenzen. Um diesem Anstieg entgegenzuwirken, veröffentlichte der Staatsrat im November 1917 ein Dekret, das eine Alternative zu fossilen Energieträgern vorsah: die Einbindung von Elektrizitätswerken, um die Bewohner des Kantons mit der nötigen Energie zu versorgen. Der Stromverbrauch stieg stark an und die staatlichen wie auch privaten Elektrizitätswerke nutzten die Gunst der Stunde und dieses Dekret für sich, und boten ihren Kunden die Installation von Elektroherden an, um die mittlerweile zu teuren Gasherde zu ersetzen.

 

 
 Mitteilung des Gasversorgungsbetriebes der Gemeinde Sitten, 18. September 1917. CH AEV 3510-1, 2.6.

 

 

1HLS DHS DSS; Hans Rudolf Fuhrer; Mauro Cerutti; Marc Perrenoud; Markus Bürgi: «Weltkrieg, Erster», in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 05.05.2015. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/008926/2015-05-05/, am 29.11.2022 aufgerufen.

 

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