Porträt Damien Luy : Ein Leben für die Musik

Pause im vollen Terminkalender

Ein früher Montagabend im Juni. Der Unterrichtstag ist gerade zu Ende, der Abend aber noch lange nicht vorbei: Vor der Sommerpause steht noch eine letzte Probe mit dem Ensemble vocal Renaissance de Martigny an. Vorher setzt sich Damien Luy aber noch mit uns in einem Lokal an einem Tisch, holt sich etwas zu essen und lässt seinen Werdegang Revue passieren. Seine Worte wählt er genauso sorgfältig und klar wie seine Partituren.

Damien Luy 
 

Vollzeitlehrer und -musiker

Der 45-jährige unterrichtet am Kollegium Saint-Maurice Musik. Ausserdem leitet er den Kollegiums-Chor, in dem rund 65 Schülerinnen und Schüler im Alter von 14 bis 19 Jahren ausserhalb des Unterrichts freiwillig mitwirken.

Seine Abende und Wochenenden widmet der Vollblutmusiker zudem noch anderen Ensembles: Er leitet das Ensemble Vocal Renaissance de Martigny und die Symphonistes d’Octodure, ein kleines Orchester aus Martinach.

Dieser intensive Rhythmus passt exakt zu ihm. «Ich brauche ein Gleichgewicht zwischen meinen Aktivitäten. Die Tage sind ausgefüllt, aber ich habe das Glück, dass sich meine Projekte ergänzen und eine gegenseitige Bereicherung sind.»

 

Ich brauche ein Gleichgewicht zwischen meinen Aktivitäten. Die Tage sind ausgefüllt, aber ich habe das Glück, dass sich meine Projekte ergänzen und eine gegenseitige Bereicherung sind.

Wissen weitergeben – gewissenhaft und bescheiden

 

Die Musik wurde dem Walliser geradezu in die Wiege gelegt. «Meine beiden Eltern sind Musiker, ich wuchs also in einem musikalischen Umfeld auf. Mit sieben Jahren begann ich im Konservatorium Sitten mit dem Klavierspielen.» Die Musik wurde recht bald schon zu seinem Lebensmittelpunkt. Nach einem literarischen Abitur mit Schwerpunkt Musik studierte er erst in Genf, Paris und dann Bern. «Es ist nicht etwas, das ich in einem bestimmten Augenblick für mich entschieden habe, sondern es hat sich einfach nach und nach so ergeben».

Konkrete Projekte, inspirierende Kooperationen und der stetige Wunsch nach Austausch. Bei allem was er tut und bei seinen Projekten geht es Damien Luy darum, mit motivierten Menschen zusammenzuarbeiten, mit denen tiefgründiges Schaffen möglich ist. Was zählt, ist das Engagement.» «Mir geht es nicht darum, im Rampenlicht zu stehen, sondern darum, dass Projekte Sinn ergeben und echte Bedürfnisse erfüllen.»

 

Mir geht es nicht darum, im Rampenlicht zu stehen, sondern darum, dass Projekte Sinn ergeben und echte Bedürfnisse erfüllen. 

Damien Luy 
 

Das Unterrichten als logische Folge

Für Damien Luy ist das Unterrichten eine Ergänzung zum Dirigieren. In seinen Augen gibt es keine Grenze zwischen dem Unterricht und der Bühne: «Es gibt viele Gemeinsamkeiten, wie die Leitung einer Gruppe, die pädagogischen Aspekte, die Beziehung. Das ist alles sehr ähnlich.»

So ist er überzeugt: Dirigieren und Unterrichten bedeutet, etwas weiterzugeben. Es bedeutet, Menschen für ein Projekt, einen Klang oder eine Idee zusammenzubringen.

Über seine Schützlinge spricht er mit einer Mischung aus Wohlwollen und hohen Ansprüchen. «Mich interessiert, was sie verstehen, was sie behalten, was sie umsetzen können. Es geht nicht nur um Ergebnisse, sondern auch um den Weg dorthin.»

Wissensvermittlung findet für Damien Luy nicht nur im schulischen Rahmen statt, vielmehr sieht er jede Interaktion als Gelegenheit, Werte zu vermitteln. «Ich versuche auch, meinen Schülerinnen und Schülern klarzumachen, dass Musik nicht nur eine Darbietung ist. Bei der Musik geht’s auch ums Zuhören, um eine Haltung, um eine Lebenseinstellung.» Doch auch das Arbeitsklima ist ihm sehr wichtig. «Wenn das Ambiente nicht stimmt, kann man auch nicht gut arbeiten.»

 

 

Mich interessiert, was sie verstehen, was sie behalten, was sie umsetzen können. Es geht nicht nur um Ergebnisse, sondern auch um den Weg dorthin. 

Eine Goldmedaille, bleibende Erinnerungen

Gleich zu Beginn bot er schon an, den Kollegiums-Chor zu übernehmen. «Ich habe mit einem recht kleinen Chor angefangen. Im ersten Jahr waren wir etwa zwanzig Leute.» Es kamen immer mehr Schülerinnen und Schüler dazu, sodass es je nach Jahrgang rund 65 Teilnehmende waren. «Es entstand eine gewisse Dynamik, eine Art Mundpropaganda. Die Schülerinnen und Schüler kamen gerne, es machte Spass und das erzählten sie auch weiter.»

Das Ensemble war weit mehr als nur eine einfache ausserschulische Aktivität, es wurde zu einem Ort der musikalischen und menschlichen Bildung. Damien förderte dort den Zusammenhalt, die Kollegialität und das persönliche Engagement. «Jedes Jahr ist es ein bisschen wie ein neues Abenteuer», betont er in Hinblick auf die folgenden Jahrgänge.

Im April 2025 ging es für den Kollegiums-Chor nach Italien. Ziel war die Teilnahme am Internationalen Wettbewerb und Festival "Venezia in Musica". Das Ergebnis übertraf alle Erwartungen: Goldmedaille in der Kategorie «Jugendchor»!

Damien Luy erinnert sich an einen besonderen Moment: «Dieser Chor hatte eine ganz besondere Dynamik. Die Jugendlichen haben diese Erfahrung mit unglaublicher Begeisterung gelebt. Es war sehr bewegend. Ich habe sie begleitet, aber es ist ihr Projekt und ihr Erfolg. »

Aber es sind nicht die Preise, die zählen. Seine Motivation ist vor allem das menschliche Abenteuer. Sichtlich berührt erzählt er von einer Probe, bei der ein Schüler ein plötzliches musikalisches Aha-Erlebnis hatte. «Ich sah in seinen Augen, dass er gerade etwas verstanden hatte. Das ist es, was mich berührt. Oder auch Schüler, die manchmal Jahre später zurückkommen, um sich bei mir zu bedanken.»

 

Es entstand eine gewisse Dynamik, eine Art Mundpropaganda. Die Schülerinnen und Schüler kamen gerne, es machte Spass und das erzählten sie auch weiter.

Vom Schulchor auf die Bühne

Unter seinen Schülern findet sich auch ein ehemaliges Chormitglied, das sich in der Musikwelt inzwischen einen Namen gemacht hat: Théo Marclay, alias Nuit Incolore. «Er war mein Schüler und hat bei mir im Chor gesungen. Es berührt mich zu sehen, mit wieviel Herzblut er heute seine Karriere als Künstler verfolgt.»

Doch Damien Luy erwartet von seinen Schützlingen nicht, dass sie Künstler werden. «Was zählt, ist der Einsatz. Es gibt Menschen, die unglaubliche Erfolgsgeschichten geschrieben haben, auch ohne nennenswerte musikalische Ausbildung. Wichtig ist nur die Freude daran und authentisch zu sein.»

 

 

flûtiste 
 

 

Musik in all ihren Facetten

Neben seiner Lehrtätigkeit wirkt Damien Luy weiterhin aktiv am Walliser Musikleben mit. Regelmässig wird er für die Zusammenarbeit mit anderen Dirigenten, für einzelne Projekte oder Festivals angefragt.

Seit 2005 leitet er auch das Ensemble Vocal de Martigny. Zuletzt gründete er die Symphonistes d’Octodure. «Mir geht es nicht darum, im Rampenlicht zu stehen, sondern darum, dass Projekte Sinn ergeben und echte Bedürfnisse erfüllen.» Diese Ensembles bringen ein buntes Gemisch von Persönlichkeiten zusammen, die alle denselben Anspruch haben: «Ich versuche, den Überblick zu behalten und mich nicht zu verzetteln. Wenn ich etwas mache, versuche ich, es richtig zu machen.»

In seinen Augen erfordert die Arbeit als Chorleiter eine besondere Haltung. So benötigt es eine klare Vision, aber auch eine gewisse Flexibilität im Umgang mit den Musikern. «Heute leitet man einen Chor nicht mehr so wie vor 50 Jahren. Es müssen andere Führungsqualitäten einfliessen.» Er setzt auf gegenseitigen Respekt und ein Miteinander. «Es geht darum, einen Rahmen zu schaffen, jedoch so, dass sich die Menschen dabei auch frei entfalten können.»

In seinen verschiedenen Ensembles räumt Damien Luy auch Amateurmusikern einen wichtigen Platz ein. «Es hat mir schon immer Spass gemacht, mit Leuten zu arbeiten, die das nicht beruflich machen. So kommt eine gewisse Frische und Echtheit ins Spiel.» Er mag aber auch Langzeitprojekte, bei denen man ein Repertoire vertiefen und eine echte Gruppendynamik aufbauen kann.

Ein Motto als Leitfaden

Damien Luy gibt zu, dass seine Arbeitswochen sehr intensiv sind, und dennoch kann er sich seine Tätigkeit nicht anders vorstellen. Er schafft es, Unterricht, Proben und administrative Aufgaben unter einen Hut zu bringen. Organisation ist hier das A und O, doch wenn man seine Arbeit liebt, zählt man keine Stunden. Die Leidenschaft ist sein Antrieb, zusammen mit dem Gefühl, am richtigen Platz zu sein. «Was ich tue, erfüllt mich.»

Wenn man sein Verhältnis zur Musik in wenigen Worten zusammenfassen müsste? «Alles für die Musik. Das ist ein Motto, das mir sehr am Herzen liegt. Es erinnert mich daran, dass ich nicht für mich selbst da bin, sondern um etwas weiterzugeben, etwas aufzubauen und gemeinsam mit anderen etwas zu bewirken.»

 

 

Damien Luy 
 

 

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