Das Ende einer Baustelle: Eröffnung der A9 im Oberwallis Ein Blick hinter die Kulissen auf dem Abschnitt Gampel/Steg – Visp West

Tag der Einweihung

Nicht einmal die klirrende Kälte kann die Feierlaune bei den Gästen trüben. Im gedeckten Einschnitt von Raron herrscht eine festliche und entspannte Stimmung, mit rundum strahlenden Gesichtern. Ansprachen, Segnung und traditionelles Durchtrennen des Absperrbandes: ab dem 27. Oktober 2025 und der Einweihung des neuen Autobahnabschnitts der A9 zwischen Gampel/Steg und Visp West wird der Alltag vieler Autofahrerinnen und Autofahrer spürbar erleichtert.

Aber auch für zwei Dienstchefs der Kantonsverwaltung, Marco Walter und Nils Panchaud, ist dies ein besonderer Moment. Für den einen ist diese Einweihung ein Höhepunkt, während für den anderen ein neues Kapitel beginnt. «Hier endet unsere Aufgabe nach zehn Jahren Arbeit», betont der Chef der Dienststelle für Nationalstrassenbau. «Das Ganze war eine enorme Herausforderung: Die Autobahn durchquert in Raron unterirdisch ein ganzes Quartier. Auch das Grundwasser war ein grosses Thema bei der Planung», erklärt Marco Walter.

Das erste Fahrzeug wird um 19 Uhr erwartet. Dann wird der Leiter der Dienststelle Gebietseinheit III (DGE III) offiziell und symbolisch die Schlüssel für das neue Projekt entgegennehmen. «Von diesem Zeitpunkt an ist die DGE III für die Sicherheit dieses Fahrzeugs und aller folgenden Fahrzeuge verantwortlich», erklärt Nils Panchaud. Zusammengefasst: Die DNSB baut, die DGE III betreibt. Dies gilt für jeden Autobahnabschnitt.

 

 

Stabübergabe zwischen Marco Walter und Nils Panchaud. Der eine baut die Autobahn, der andere betreibt sie.

 

Ein wichtiger Meilenstein

Die Einweihung dieses Abschnitts jenseits von Raron ist ein bedeutender Meilenstein für die Fertigstellung des Autobahnnetzes im Oberwallis. Dank dieses neuen Abschnitts verbindet die A9 nun Gampel-Steg und Brig in beide Richtungen, was einer durchgehenden Länge von 22,5 km entspricht, und einer Fahrtzeit von gerade mal 18 Minuten.

Mit jeder Einweihung kamen neue Autobahnkilometer hinzu. Die logische Konsequenz für Nils Panchauds Dienststelle: Eine Erhöhung der Ressourcen, um einen optimalen Betrieb zu gewährleisten. «Das bedeutet die Einstellung neuer Mitarbeitender, die Anschaffung von Fahrzeugen und die Anpassung unserer Arbeitsabläufe.»

Obwohl die DGE III dem Departement für Mobilität, Raumentwicklung und Umwelt angegliedert ist, werden deren Aktivitäten vollständig vom Bundesamt für Strassen (ASTRA) über einen Leistungsvertrag finanziert.

 

Das bedeutet die Einstellung neuer Mitarbeitender, die Anschaffung von Fahrzeugen und die Anpassung unserer Arbeitsabläufe.

 


 

A9 im Oberwallis: Abschnitte jetzt in Betrieb

Unterirdisch

Das Besondere im Oberwallis: Die Dienststelle Gebietseinheit III (DGE III) ist hier für hochkomplexe Anlagen zuständig. Von Gampel bis Brig passieren ein Autofahrer nicht weniger als vier unterirdische Bauwerke: die Tunnel von Raron, Visp, Eyholz und Gamsen. «Je weiter es die Rhone hinaufgeht, desto technischer werden die Abschnitte», analysiert Frédéric Varone, Leiter der Abteilung Betrieb  bei der DGE III und stellvertretender Dienstchef. Er fügt hinzu: «Im Oberwallis verläuft ein grosser Teil der Autobahn unterirdisch. Zwischen Martinach und Sitten wiederum verlaufen die 30 km ausschliesslich oberirdisch.» So bestimmt die Topografie die Regeln.

 

Im Oberwallis verläuft ein grosser Teil der Autobahn unterirdisch.

 


 

 

Toute cette technologie est là pour garantir la sécurité des usagers

 

Bauwerke auf dem neuesten Stand der Technik

Die technischen Raffinessen eines Tunnels lassen sich am besten von innen her beurteilen. Wir treffen Frédéric Varone bei der technischen Zentrale am westlichen Eingang von Visp, die markante rostfarbene Fassade sticht schon von Weitem hervor. Wir betreten ein wahres Labyrinth. Hinter jeder Tür wartet etwas Neues: Lüftungskammer, Serverraum, Pumpstation, Technikschränke, soweit das Auge reicht. Hier ist alles überdimensional.

«Diese ganze Technologie dient der Sicherheit der Verkehrsteilnehmenden», erklärt Frédéric Varone. Als Beispiel: Alle 50 Meter überwacht eine Kamera jede verdächtige Verlangsamung. «Bei einem Unfall in einer Röhre schalten die Ampeln auf Gelb oder sogar Rot. Die Betriebszentrale erhält automatisch einen Alarm und die Bilder von der Unfallstelle», fährt er fort. Das gleiche System kommt auch bei einem Brand zum Einsatz: Die Sensoren erkennen den Brand, lokalisieren den Ursprungsort genau und lösen die Belüftung aus.

 

 

Unterwegs im Elektrofahrzeug – unter der Fahrbahn

Technik allein reicht nicht aus. Es benötigt auch qualifizierte Mitarbeiter, um den reibungslosen Betrieb der Infrastruktur zu gewährleisten. Frédéric Varone stellt uns einen seiner neuen Mitarbeiter vor, Jérémy Absil, der vor zwei Jahren zur DGE III kam. Für ihn ist der Tunnel von Visp so etwas wie ein zweites Zuhause. «Dieser Job ist grossartig! All diese Technik sieht man nicht jeden Tag. Seit ich hier bin, lerne ich ständig dazu», schwärmt der Elektroinstallateur.

Bei seinen Einsätzen fährt Jérémy mit einem Elektrofahrzeug durch einen Technikstollen, der parallel zur Autobahn direkt unter der Fahrbahn verläuft. «Bei 8 km/h sind es doch 20 bis 25 Minuten, bis ich den Tunnel von Visp durchquert habe.» Der Techniker sieht zwar selten Tageslicht, dennoch fällt es ihm nicht schwer, sich hier wohlzufühlen: «Die Temperatur schwankt zwischen 12 und 17 Grad, das ist eigentlich perfekt, vor allem im Sommer», lacht er.


 

Betriebs- und Sicherheitsanlagen

 


 

Dieses Querschnittschema hebt die technische Komplexität der Umfahrungstunnel von Visp hervor. Unter der Fahrbahn befindet sich ein Technikstollen, der mit elektrischen Shuttles zugänglich ist.

Auf der Zielgeraden

Marco Walter hingegen steht vor einer ganz anderen Realität: In einigen Jahren wird seine Dienststelle verschwinden, sobald die Autobahn endgültig fertiggestellt ist.

«Bei uns ist ein Ende in Sicht, aber die Dienststelle für Nationalstrassenbau, die die Oberaufsicht über die Baustellen hat, hat noch einiges vor sich. Meine Teams werden sich nun auf den Pfynwald konzentrieren», erklärt der Ingenieur. Dieser letzte Abschnitt zwischen Siders Ost und Leuk Ost verläuft ebenfalls hauptsächlich unterirdisch. Die Fertigstellung der A9 im Oberwallis wird in den 2030er Jahren erwartet. Zu diesem Zeitpunkt wird die Dienststelle Gebietseinheit III weitere 8,5 Kilometer betreiben. Das wird ihre letzte Strecke, für die sie verantwortlich sein wird.