Reportage Kantonale Wahlen 2025: Wahlsonntag in den «Arsenaux»

Medienapparat auf Hochtouren                            

Es ist Mittag, Zeit für die Nachrichten. Ruth Seeholzer greift zum ersten Mal zum Mikrofon. Die Oberwalliserin berichtet als Radiokorrespondentin für SRF zur Aktualität im Wallis. Die Wahllokale wurden gerade erst geschlossen. Für erste Ergebnisse und Hochrechnungen ist es also noch zu früh. Deshalb betont die Journalistin, wie wichtig diese Wahlen sind und was dieses Jahr auf dem Spiel steht. Die Liveschaltung ist vorbei. «Wahlsonntage sind Stress pur», verrät uns die Korrespondentin. «Besonders am Radio, da wir nonstop auf Liveschaltung sind. Es ist stressig, aber genau darin liegt für mich der Reiz.»

 

Wahlsonntage sind Stress pur

Neben ihr arbeiten heute sechs weitere Mitarbeitende des SRF in der Mediathek von Sitten, um diese News abzudecken. Und fast genauso viele sind es in der Radiozentrale in Bern: «Das SRF ist in allen Kantonen präsent. Für das SRF gehören Kantonsratswahlen zu einem wichtigen medialen Ereignis.»

Für ein ausführlicheres Gespräch bleibt keine Zeit. Ruth Seeholzer muss weiter. In Kürze steht die nächste Liveschaltung an.

 

 Für das SRF gehören Kantonsratswahlen zu einem wichtigen medialen Ereignis.

Ohne Technik geht es nicht

In den «Arsenaux» herrscht eine fast meditative Ruhe. Das war 2023 noch ein klein wenig anders. Vor dem Empfangsbereich der Mediathek steht Didier Maury, Techniker der «Arsenaux», und beobachtet in aller Ruhe das Geschehen. Er war im Vorfeld für den Aufbau des Pressezentrums verantwortlich. Der wichtigste Teil der Arbeit wurde also bereits vor dem heutigen Wahltag geleistet. Dafür war heute Morgen alles bereit. «Die grosse Herausforderung besteht darin, dass die Technik funktioniert. Aber ehrlich gesagt, mache ich mir keine grossen Sorgen.» Er will zwar nicht von Routine sprechen: «Nach den eidgenössischen Wahlen ist dies das 2. Mal, dass das Kulturzentrum eine andere Funktion einnimmt. Beim 2. Mal geht vieles schon einfacher. Wir wissen mittlerweile, was es alles braucht. Und die ganze Aufmachung ist dieses Jahr auch viel schlanker. Beispielsweise sind dieses Mal keine Übertragungswagen der nationalen Sender vor Ort.»

 

Die grosse Herausforderung besteht darin, dass die Technik funktioniert.

Ob ihn der Pikettdienst an diesem Sonntag nicht stört? Didier Maury winkt ab: «Es bringt auch etwas Abwechslung in den Arbeitsalltag. Ich geniesse es, mit Menschen aus anderen Bereichen wie dem Fernsehen, dem Radio oder der Presse zusammenzuarbeiten.» Und was ist mit den Politikerinnen und Politikern? «Ich schaue mir das Ganze lieber aus der Distanz an. Sie machen ihren Job, ich meinen.»

Didier bereitet sich auf einen langen Sonntag vor. Sobald die Scheinwerfer und Kameras aus sind, muss alles wieder abgebaut werden... sein Arbeitstag wird erst weit nach Mitternacht zu Ende gehen.

Das Café Trait d’Union, die Drehscheibe des Wahlsonntags

Von ihrem Arbeitsplatz aus sieht Alexandra die Protagonistinnen und Protagonisten dieses Wahlsonntags hin und her huschen. Als Verantwortliche des Café-Restaurants Trait d’Union hat sie einen Logenplatz in diesem Polittreiben. Seit 9.00 Uhr ist im Restaurant ein reges Kommen und Gehen: Kandidatinnen und Kandidaten, Parteipräsidentinnen und -präsidenten, Medienschaffende, Techniker, Entourage. Alle finden sich im Café ein. Dass dieses Mal nichts ausgeht, dafür ist vorgesorgt. «Das letzte Mal hatten wir plötzlich keine Sandwiches und kein Bier mehr. Das passiert uns heute sicher nicht», lacht sie. Und wie nimmt sie die Stimmung wahr? «Wir hören zu, beobachten, wechseln ein paar Worte mit den verschiedenen Gästen. Ich geniesse das.»

Alexandra kann auf ein 10-köpfiges Team in Küche und Service zählen. «Auch die Lernenden der ORIF sind heute stark eingebunden. Wir zählen voll auf sie. Es ist uns wichtig, sie und die Arbeit der ORIF – der Westschweizer Organisation für Integration und Ausbildung – aufzuwerten.»

Es ist uns wichtig, sie und die Arbeit der ORIF – der Westschweizer Organisation für Integration und Ausbildung – aufzuwerten.

Léa im Service

Zu diesen jungen Menschen gehört auch Léa Conus, die heute im Service eingeteilt ist. Die 18-Jährige absolviert im Trait d’Union ihre Service-Lehre. Normalerweise hat sie am Wochenende frei und auch ihr Arbeitsort ist heute ein wenig anders, aber sie ist happy über die Erfahrung: «Es läuft gut und die Gäste sind sehr nett.» Ob sie schon jemanden erkannt hat? «Ja, zwei, drei bekannte Gesichter aus dem Fernsehen. Christophe Darbellay zum Beispiel. Und Mathias Reynard!»

Die Pflicht ruft

Mittlerweile sind alle Ergebnisse der Staats- und Grossratswahlen bekannt. Der Tag geht langsam zu Ende.

Canal 9 bereitet eine letzte Direktschaltung mit verschiedenen Grössen des Walliser Parlaments vor. Céline Dessimoz wartet geduldig, bis sie aufs Podium gerufen wird. Jetzt ist es so weit. Das Medienzentrum, ein Pflichtgang? «Medienauftritte sind wichtig. Für mich aber keine Pflicht, sondern eine Freude. Es gehört zu unseren Aufgaben als gewählte Volksvertreterinnen und -vertreter», so ihre Antwort.

Für die Abgeordnete der Grünen war der Tag aber ein Wechselbad der Gefühle: Während sie selbst eine dritte Amtszeit antreten darf, verliert ihre Partei wichtige Wählerstimmen. Die zukünftige 1. Vizepräsidentin des Grossrats dazu: «Ich durfte mir keinen Fehltritt erlauben. Ich habe mich ziemlich unter Druck gefühlt», gibt sie zu.

Nun fällt die Spannung von ihr ab. Céline Dessimoz darf im Mai 2026 eines der höchsten Ämter im Kanton Wallis antreten. Eine Premiere nicht nur für sie, sondern auch für ihre Partei, Die Grünen.

 

Medienauftritte sind wichtig. Für mich aber keine Pflicht, sondern eine Freude. Es gehört zu unseren Aufgaben als gewählte Volksvertreterinnen und -vertreter

Jedem seine Rolle

Jede und jeder unserer Porträtierten hat in seiner Rolle den Wahlsonntag und die Kandidatinnen und Kandidaten einen Tag lang hautnah miterlebt. Ob dabei schlummernde politische Ambitionen geweckt wurden? «Auf gar keinen Fall», winkt Alexandra hinter ihrer Bar lachend ab. «Ich habe meinen Wahlzettel eingeworfen und damit hat sich’s. Das ist überhaupt nicht meine Welt. Um kein Geld der Welt liesse ich mich zu einem solchen Amt überreden.» Auch Léa und Didier stossen ins gleiche Horn. Sie sehen sich ebenso wenig auf einer Parteiliste. Anders sieht es bei den Medienschaffenden aus, wo in der Vergangenheit schon einige auf die andere Seite «übergelaufen» sind. Aber auch Ruth, die SRF-Korrespondentin, winkt ab: «Als Journalistin ist es meine Aufgabe, eine politisch neutrale Haltung zu vertreten. Ich kann es mir deshalb nicht vorstellen, für eine Partei in den Ring zu steigen. Aber jeder so wie er will.» Jeder dort, wo er stark ist.

«Les Arsenaux»: ein Ort der vielen Gesichter

Innerhalb von zwei Wahlgängen haben sich «les Arsenaux» zu einer Politarena der Walliser Demokratie gemausert. Dass sich der Ort perfekt dazu eignet, darüber sind sich alle einig. «Ich habe mich gefreut, heute Morgen in die Mediathek zu kommen», so Céline Dessimoz. «Man fühlt sich wohl hier. Es ist schön, wenn Politik an einem lebendigen Ort, nah an den Menschen stattfindet; an einem Ort, wo es eine gute Durchmischung gibt.»

Bis zu den nächsten eidgenössischen Wahlen 2027 geht es nicht mehr lange. Alexandra, Léa, Didier, Ruth und Céline werden für die nächste Runde bereit sein. Gleicher Ort, gleiche Aufgabe.

 

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