 
    	In Begleitung von... Pascal Knubel, Schulinspektor im Bezirk 1, Unterwallis
Mediathek in Monthey, Dienstagmorgen. Ein Ort des Wissens und der Ruhe – und der Treffpunkt, den Pascal Knubel für unser Gespräch ausgewählt hat bevor wir ihn bei einem Schulbesuch begleiten. Ein offizielles Büro hat er nicht: sein eigentliches Arbeitsfeld ist die Schule. Sein Ankerpunkt: Wissen weitergeben.
Ein Werdegang zwischen Weitergabe und Veränderung
Pascal Knubel stammt aus dem Oberwallis – fühlt sich aber als Mittelwalliser. Nach dem Besuch des früheren Lehrerseminars studierte er an der Universität, um an der Orientierungsschule Mathematik, Sport und Geografie zu unterrichten.
Seine erste Stelle fand er in Monthey, danach unterrichtete er während zehn Jahren in Collombey-Muraz. In dieser Zeit präsidierte er auch den Verein der Lehrerinnen und Lehrer an der Walliser Orientierungsschule (VLWO) – eine Erfahrung, die seinen Horizont stark erweiterte:
«Es erlaubte mir, aus der Blase meines eigenen Klassenzimmers herauszutreten. Vor allem am Anfang bewegt man sich als Lehrperson in einem sehr geschlossenen Umfeld. Man ist – wie ich oft sage – ein wenig ‘Herr und Meister’ seines eigenen Raums. Selbst an einer Orientierungsschule mit vielen Schülerinnen und Schülern bleibt man stark in einer lokalen Realität verankert. Man glaubt, dass das, was man selbst erlebt, überall gleich sei. Doch als Präsident wurde ich mit sehr unterschiedlichen Realitäten konfrontiert. Da habe ich verstanden: Es gibt nicht die eine Schule, nicht das eine Modell, nicht die eine richtige Art. Was an einem Ort völlig normal war, war an einem anderen undenkbar. Diese Erkenntnis hat mich geprägt: Sie hat in mir das Bedürfnis geweckt, Unterschiede zu verstehen, gemeinsam Verbesserungen zu suchen, Praktiken zu harmonisieren, ohne die lokalen Besonderheiten zu vernachlässigen. Genau diese Öffnung hat mich zum Inspektorat geführt.»
Seit 2017 arbeitet er nun als Schulinspektor im Bezirk Monthey, zuvor war er bereits in Sitten tätig.
 
 
Im Wallis sind wir eindeutig unterdotiert was die personellen Ressourcen betrifft.
Alltag eines Inspektors: zwischen Präsenz, Beratung und Berichten
Pascal steht früh auf. «Das ist der einzige Moment des Tages, in dem mich niemand unterbricht», sagt er schmunzelnd. Um 7.30 Uhr macht er sich auf den Weg zur ersten Schulvisite. Am Nachmittag folgt oft eine zweite. Jede Beobachtung endet mit einem Gespräch mit der Lehrperson. «Dieser Austausch ist zentral. Die Rolle des Inspektors hat sich verändert: weniger Kontrolle, mehr Beratung.»
Sein Pflichtenheft? Rund 60 % Aussendienst, 40 % administrative Arbeit – je nach Periode auch umgekehrt. Dazu kommen Querschnittsdossiers, etwa die Einführung der digitalen Bildung. Ein Thema, das ihn begeistert, aber auch frustriert:
«Im Wallis sind wir eindeutig unterdotiert was die personellen Ressourcen betrifft. Nehmen wir die digitale Bildung: Was wir zu dritt oder viert – mit wertvoller Unterstützung der PH und anderer Partner – aufbauen, entspricht einem enormen Aufwand. Auf der anderen Seite der Rhone arbeiten teilweise 25 Personen nur an diesem Thema.
Natürlich garantiert eine grosse Zahl nicht automatisch bessere Resultate – und ich denke, wir können uns bei uns über diese Form von gesundem Menschenverstand freuen, die uns dazu veranlasst, nach konkreten, pragmatischen und wirksamen Lösungen zu suchen. Dennoch bleibt die Tatsache bestehen, dass dieser Unterschied in den Mitteln spürbar wird, wenn es darum geht, Berichte zu erstellen und administrative oder politische Anforderungen zu erfüllen. Man sagt sich: Ich kümmere mich darum, wenn ich Zeit habe – aber genau diese Zeit hat man nie. Dort, wo andere Teams in kurzer Zeit umfangreiche Unterlagen liefern, jonglieren wir ständig mit einem überfüllten Terminkalender.»
Trotz dieser Einschränkungen ist er überzeugt: «Das Schöne am Inspektorat ist die Autonomie, das Vertrauen der Hierarchie – und vor allem die Vielfalt der Situationen. Kein Tag gleicht dem anderen, und genau das gefällt mir.»
 
Weder Richter noch Retter – ein Balanceakt
Der Schulinspektor bewegt sich oft im Spannungsfeld zwischen Schülerinnen, Eltern, Lehrpersonen, Schulleitungen und Behörden. «Das ist nicht immer angenehm. Aber genau diese Position erlaubt es, Brücken zu schlagen, Reibungen abzufedern und Blockaden zu vermeiden.»
Sein Leitmotiv ist stets dieselbe Frage: Was bringt es den Schülerinnen und Schülern? «Wenn eine Entscheidung ansteht – manchmal schwierig, manchmal umstritten – frage ich mich: Hat sie einen positiven Einfluss auf die Jugendlichen? Wenn ja, dann gehen wir den Schritt. Wenn nicht, dann warten wir, bremsen ab oder suchen nach einer sanfteren Umsetzung.»
Diese Haltung habe er von erfahrenen Kollegen übernommen, erinnert er sich: «Denis Métrailler sagte mir einmal: Stell immer das Kind ins Zentrum, dann liegst du selten falsch. Dieser Satz begleitet mich bis heute.»
Sein Leitmotiv ist stets dieselbe Frage: Was bringt es den Schülerinnen und Schülern?
 
Darum gibt es bei Pascal nach jeder Schulvisite ein Gespräch. Eine reine Beobachtung ohne Austausch – das kommt kaum vor. Denn hier liegt für ihn das Wesentliche: zuhören, diskutieren, gemeinsam Lösungen entwickeln.
Und genau in diesem Punkt hat sich der Beruf des Inspektors grundlegend verändert. Früher wurde die Inspektion als Kontrolle, manchmal sogar als Beurteilung wahrgenommen und erlebt. „Wir kamen, um zu überprüfen, zu bewerten und gegebenenfalls Sanktionen zu verhängen. Dieser Ansatz entspricht heute weder den Anforderungen vor Ort noch den Anforderungen eines modernen Bildungssystems.
Heute ist unsere Rolle eindeutig auf Beratung und Begleitung ausgerichtet. Bei diesen Gesprächen ist es mir wichtig zu verstehen, was wir als Vertreter des Staates tun können, um die Arbeitsbedingungen der Lehrerinnen und Lehrer zu verbessern. Wie können wir sie bei ihrer Aufgabe unterstützen? Welche Hebel können wir betätigen, um ihren Alltag ruhiger und effizienter zu gestalten? Es ist dieser Wandel in der Haltung – von der Kontrolle hin zur Partnerschaft –, der der Funktion des Schulinspektors heute ihren ganzen Reichtum und Sinn verleiht. »
Bei diesen Gesprächen ist es mir wichtig zu verstehen, was wir als Vertreter des Staates tun können, um die Arbeitsbedingungen der Lehrerinnen und Lehrer zu verbessern.
Leidenschaft für die Schule von heute
Vergangenes verklärt Pascal nicht. «Es gab sicher Methoden, die damals funktionierten. Aber vieles, was man früher tolerierte, hat in einer modernen Schule keinen Platz mehr.»
Für ihn ist Schule ein Beruf in ständiger Entwicklung, der sich den Realitäten der Gesellschaft anpassen muss. Themen wie künstliche Intelligenz im Unterricht auszublenden, wäre für ihn ein schwerer Fehler. «Unterrichten heisst heute auch, Jugendliche auf eine Welt vorzubereiten, die sich rasant verändert – technisch ebenso wie gesellschaftlich.»
«Die Herausforderung besteht darin, dass diese Gesellschaft keine Lücken mehr kennt: Alles ist nahtlos miteinander verbunden. Früher gab es eine klare Grenze zwischen Schule und Zuhause; heute durchdringen Nachrichten, Konflikte und Emotionen dank Mobiltelefonen die Mauern. Schüler erhalten mitten in der Nacht – um zwei, drei Uhr morgens – Benachrichtigungen. Man kann das verurteilen, man kann es bedauern, aber vor allem muss man es verstehen und begleiten. Das ist die Welt, in der junge Menschen leben. Und wenn wir ihnen helfen wollen, sich darin zurechtzufinden, müssen wir bereit sein, ihr ins Auge zu sehen.»
 
Die Herausforderung besteht darin, dass diese Gesellschaft keine Lücken mehr kennt: Alles ist nahtlos miteinander verbunden. Früher gab es eine klare Grenze zwischen Schule und Zuhause; heute durchdringen Nachrichten, Konflikte und Emotionen dank Mobiltelefonen die Mauern.
Und ausserhalb der Schule?
Um in einem so intensiven Beruf die Balance zu halten, stützt sich Pascal auf drei feste Säulen: Familie, Sport, Musik – «in dieser Reihenfolge», wie er betont.
Besonders wichtig ist ihm, dass sein Umfeld nicht aus Lehrpersonen besteht. Seine Frau arbeitet in einer ganz anderen Branche, auch seine Freunde kommen aus vielfältigen Berufsfeldern. «Das hilft enorm, um Distanz zu gewinnen. Bleibt man ausschliesslich in der Lehrerblase, verengt sich schnell der Blick. Ein Tapetenwechsel zeigt, dass manches Problem gar nicht so gross ist, wie es scheint.»
Stell immer das Kind ins Zentrum, dann liegst du selten falsch.