ReportageKampf gegen Covid-19: Begegnung mit den Menschen an der Front

Die Coronaviruspandemie hält die Welt weiter in Atem. Ganz besonders betroffen ist bei dieser zweiten Welle der Kanton Wallis, der im Verhältnis zur Bevölkerungszahl eine hohe Anzahl positiver Fälle aufweist. Zur Bewältigung dieser Krise sind die kantonalen Behörden gefragt.

 

 

 

Die Bewältigung dieser Krise war eine einzige Teamarbeit.

 

Damit eine einheitliche Führung aufgestellt werden konnte, gab es bereits während der Akutphase im Frühjahr ein Führungsgremium bestehend aus zentralen Partnern, das sich zweimal pro Woche per Telefonkonferenz getroffen hat, sagt Kantonsarzt Christian Ambord. «Die Telefonkonferenzen haben gut geklappt, obwohl wir dies innert kürzester Zeit gemeinsam mit der kantonalen Dienststelle für Informatik auf die Beine stellen mussten. Das war die einzige realistische Möglichkeit. Alles andere wäre ein Risiko und Zeitverlust gewesen.» Innerhalb der Dienststelle für Gesundheitswesen habe man ebenfalls eine eigene Krisenzelle gebildet, die insgesamt 19 von 39 Angestellten einschloss. «Da kann man sich vorstellen, wenn etwa nur noch die Hälfte der Mitarbeiter zur Verfügung steht, um den Grundauftrag zu erfüllen, kann dies zu einer ziemlich hohen Belastung führen», fährt Ambord fort. Er wird nicht müde zu betonen, dass die Bewältigung dieser Krise eine einzige Teamarbeit gewesen und nur durch motivierte Mitarbeiter möglich gewesen sei.

Als die ersten Meldungen zum neuartigen Coronavirus in China im Januar den Kantonsarzt erreichten, haben die Vorbereitungsarbeiten auch hier im Kanton bereits begonnen. «Wir haben nicht auf den ersten Fall in der Region gewartet, sondern haben uns bereits vorab mit den Spitälern in Verbindung gesetzt. Deswegen wurden wir nicht ganz unvorbereitet getroffen, es kam aber allerdings vieles Unvorhergesehenes dazu», führt Ambord weiter aus.

 

Wir wurden nicht ganz unvorbereitet getroffen.

 

 

 

So wurde innert kürzester Zeit über die Kantonale Walliser Rettungsorganisation (KWRO) die Hotline für telefonische Anfragen rund um das Coronavirus auf die Beine gestellt. Diese hatte bereits eine Zentrale und verfügte über die notwendige Infrastruktur. «Es galt, so rasch wie möglich Personal zu organisieren, dieses auf die möglichen Fragen der Anrufer vorzubereiten und zu schulen. Das war eine Parfoceleistung vom KWRO, das innert 48 Stunden zu schaffen.» Dies sei aber dringend notwendig gewesen, denn die Telefone der Dienststelle für Gesundheitswesen hätten von morgens bis abends durchgeklingelt und die E-Mail-Briefkästen seien mit Anfragen überschwemmt worden. Die Hotline des BAG sei weniger genutzt worden, da es sehr viel kantonsspezifische Fragen gegeben habe, erklärt der Arzt.

An Spitzendaten, etwa am 16. März, als der Bundesrat die ausserordentliche Lage und gleichzeitig landesweit den Lockdown ausrief, hat das etwa sieben- bis achtköpfige Team des KWRO 6500 Anrufe beantwortet. Mit der Zeit haben die Anfragen abgenommen, so dass die Hotline Ende April für kurze Zeit eingestellt wurde. Das Mandat wurde dann an die Gesundheitsförderung Wallis übertragen. Diese ist gleichzeitig auch für das Contact Tracing zuständig, und das nicht erst seit Corona, wie der Direktor der Gesundheitsförderung Wallis Jean-Bernard Moix erklärt. «Unser Team hat bereits vorher die Kontaktanrufe bei Tuberkulosefällen getätigt.» Allerdings habe die Anzahl Mitarbeiter für die Coronakrise rapide aufgestockt werden müssen. «Wir haben einen Datenpool von etwa 50 bis 60 nicht mehr berufstätigen Pflegefachleuten. Diese können auch kurzfristig rekrutiert werden und im Notfall einspringen.» Viele unter ihnen würden von zuhause aus arbeiten. Dies sei möglich, wenn die technische Infrastruktur vorhanden und gewährleistet sei.

 

 

Wie Moix sagt, sei das Feedback der Mitarbeitenden im Contact Tracing überwiegend gut ausgefallen. Es habe selten Ausfälligkeiten von Seiten der kontaktierten Personen gegeben. «Klar, es ist nicht angenehm, wenn man in die Quarantäne oder Isolation geschickt wird. Und dann muss man auch noch quasi sein Privatleben vor einer fremden Person ausbreiten. Aber die Leute nehmen dies grundsätzlich mit sehr viel Verständnis auf. Es braucht wahrscheinlich auch etwas psychologisches Geschick dafür. Aber da es sich ja bei den Mitarbeitern um Pflegefachkräfte handelt, haben diese wahrscheinlich das dafür benötigte Fingerspitzengefühl.» Alles in Allem sei die Kooperation mit der Bevölkerung wirklich sehr gut.

 

Man muss quasi sein Privatleben vor einer fremden Person ausbreiten.

 

Heute haben SMS die Telefonanrufe ersetzt, die nur noch für einige Sonderfälle getätigt werden. Und das aus gutem Grund: Die Situation ist schnell unkontrollierbar geworden. «Wir gingen von der Phase mit etwa 20 positiven Fällen pro Tag Anfang September auf den Höhepunkt der zweiten Welle Ende Oktober über.» Mit bis zu 900 Fällen pro Tag und all den engen Kontakten, die informiert werden mussten, war es für die Gesundheitsförderung Wallis in der Tat unmöglich, mit dem Telefonanrufsystem fortzufahren. «Ende Oktober hätten 3600 Personen pro Tag angerufen werden müssen, wenn man durchschnittlich drei enge Kontakte pro positiv getesteter Person berücksichtigt», begründet Jean-Bernard Moix den Wechsel. «Wir konnten unseren Personalbestand nicht so weit aufstocken, dass wir dieses Arbeitspensum hätten bewältigen können, zumal ein Anruf auch eine Gelegenheit bietet, sich über die eigenen Ängste und Zweifel auszutauschen. Und das geschieht nicht in einer Minute. Es war daher unerlässlich, auf dieses SMS-System umzusteigen, das sich inzwischen gut etabliert hat.»

 

 

Die Bereitstellung von offiziellen Dokumenten wird bald automatisiert.

 

Bei der Ermittlung von Kontaktpersonen gehe es aber nicht nur darum, die Bevölkerung zu kontaktieren, um das Virus aufzuspüren. Es gebe auch einen administrativen Teil, der die Bereitstellung von offiziellen Dokumenten umfasst. «Gegenwärtig muss jede Person, die in engem Kontakt mit einem positiven Fall stand, ein Quarantäneformular auf unserer Webseite ausfüllen. Wir senden dann eine offizielle Bescheinigung mit dem Anfangs- und Enddatum der Quarantäne, die dem Arbeitgeber auszuhändigen ist», präzisiert Jean-Bernard Moix. Dieses Verfahren, das einige Tage dauern könne, sei langwierig und personell aufwendig.  «Aber alles wird bald automatisiert werden. Ab Ende November wird die Bescheinigung umgehend verfügbar sein», sagt Moix. «Mit diesem System, das weniger Personal erfordert, können wir an Geschwindigkeit und Zuverlässigkeit gewinnen.» Damit die Krise besser bewältigt werden könne. Unabhängig davon, ob es sich um die dritte Welle, COVID-23 oder COVID-24, handle.

Über eine dritte Welle möchte Kantonsarzt Christian Ambord solange die zweite noch nicht zu Ende ist, noch nicht sprechen. «Obwohl der Trend zu einer Stabilisierung der Epidemie geht, bleibt die Zahl der täglich neu auftretenden Fälle sehr hoch und die Situation in den Spitälern sowie Alters- und Pflegeheimen des Kantons kompliziert.

 

 

 

Gegenwärtig sei die Zahl der Krankenhauseinweisungen tendenziell rückläufig, auch wenn sie weiterhin hoch bleibe, insbesondere was die Intensivbetten betreffe. Aufgrund eines im Anschluss an die erste Welle mit den Walliser Spitälern ausgearbeiteten Plans könne die Bereitstellung der notwendigen Ressourcen gewährleistet werden. «Tatsächlich traten die verschiedenen Phasen dieses Aktionsplans aufgrund der unvorhersehbaren und exponentiellen Zunahme der Fälle im Oktober sehr schnell in Kraft. Die Kapazitäten der Krankenhäuser waren sowohl hinsichtlich der Betten als auch des Pflegepersonals bis zum Äussersten ausgeschöpft, und Anfang November erreichten wir eine kritische Schwelle», verraten die Sanitätsbehörden. Mitarbeiter von MV Santé und der Klinik CIC Valais in Saxon seien den Teams im Spital Wallis als Verstärkung zu Hilfe geeilt. Darüber hinaus hätten die Clinique de Valère, die Westschweizer Rehaklinik, die Leukerbad Clinic sowie die Kliniken Bern, Genf und Luzern in Montana «Nicht-COVID-19»-Patienten aufgenommen, um das Spital Wallis zu entlasten. Die Zusammenarbeit zwischen den Walliser Spitälern und den Spitälern der Nachbarkantone funktioniere gut und auch die Armee sei zur Unterstützung hinzugezogen worden.

Wie der Kantonsarzt sagt, habe die Einführung von Schnelltests es möglich gemacht, die Screeningkapazitäten weiter zu erhöhen. «In Kombination mit den bisher angewendeten PCR-Tests tragen die Schnelltests dazu bei, unser Management der Epidemie zu verbessern. Sie ermöglichen uns, positiv getestete Personen schneller zu isolieren und Kontaktpersonen in Quarantäne zu setzen.» Dies habe die Arbeitsbelastung der Testzentren oder des Zentralinstituts der Spitäler jedoch nicht verringert, da die Schnelltests zusätzlich zu den PCR-Tests durchgeführt würden und diese nicht ersetzten.

 

Die Schnelltests tragen dazu bei, unser Management der Epidemie zu verbessern.

 

Auch wenn der Vorbereitungsstand viel besser sei als im Frühjahr, gebe es wie in jeder Krise immer noch eine gewisse Unsicherheit, die es zu bewältigen gelte. Es müssten noch Anpassungen vorgenommen werden. «Wir dürfen nicht vergessen, dass die Entwicklung der Situation auch vom Verhalten von uns allen abhängen wird. Auch wenn die Situation weniger angespannt sein wird, dürfen wir die Regeln zur sozialen Distanz und Hygiene nicht vergessen», schliesst Ambord ab.

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