In Begleitung von...Frédéric Schlatter, Kantonaler Bodenkundler

Beaufsichtigung einer Baustelle

Randogne: Wir haben unser heutiges Ziel erreicht. Frédéric Schlatter tauscht seine Strassenschuhe gegen ein Paar Stiefel, die er aus dem Kofferraum seines Autos holt. Unterhalb der Strasse, in einer Postkartenidylle umgeben von Wiesen, graben zwei mächtige Bagger den Boden auf. Der kantonale Bodenkundler ist aus Sitten hergefahren, um die Arbeiten zur Umgestaltung und Sanierung des Bodens aus der Nähe in Augenschein zu nehmen. «Das Gelände war hier sehr uneben, was die landwirtschaftliche Nutzung erschwerte. Sobald die Ackerfläche neu geformt ist, lässt sie sich viel leichter mit Maschinen bearbeiten», erklärt er.

Zum Ausgleichen der Unebenheiten des Geländes wurde Aushubmaterial verwendet. Dazu wurden insgesamt 12 000 Kubikmeter Erde von einer Baustelle in Crans-Montana, nur 2 km von der landwirtschaftlichen Fläche entfernt, hergebracht.

 

Das Gelände war hier sehr uneben, was die landwirtschaftliche Nutzung erschwerte. Sobald die Ackerfläche neu geformt ist, lässt sie sich viel leichter mit Maschinen bearbeiten

Die Rolle des Überwachers, nicht des Polizisten mit Kappe

Auf der Baustelle trägt Frédéric Schlatter eine Kappe, jedoch nicht jene eines Polizisten, denn die Rolle des Kantonsvertreters beschränkt sich auf eine Aufsichtsfunktion. «Um die Struktur des Bodens zu erhalten, müssen auf solchen Baustellen bestimmte Verfahren eingehalten werden», erklärt er. «Zum Beispiel vergewissere ich mich, dass die einzelnen Erdschichten einzeln abgetragen und auch korrekt gelagert werden.» Im Falle eines Verstosses gegen die Verordnung über Belastungen des Bodens (VBBo) greift die Baupolizei ein. Frédéric Schlatter ist nicht befugt, eine Baustelle zu stoppen, sein Status als «kantonaler» bodenkundlicher Baubegleiter verleiht ihm jedoch eine gewisse Autorität.

Um die Struktur des Bodens zu erhalten, müssen auf solchen Baustellen bestimmte Verfahren eingehalten werden», erklärt er. «Zum Beispiel vergewissere ich mich, dass die einzelnen Erdschichten einzeln abgetragen und auch korrekt gelagert werden.

Eine Priorität : die Verwertung von Aushubmaterial Luftaufnahme

In Crans-Montana, wie auch überall sonst im Wallis, ist die Frage nach dem Umgang mit Aushubmaterial aktueller denn je. Da es an Deponien mangelt, haben die Bauunternehmenden Mühe, geeignete Orte für die Lagerung der Erdmassen zu finden, und je mehr der Kanton baut, desto grösser wird der Druck auf die landwirtschaftlichen Flächen. «Rechtlich gesehen ist es verboten, natürlichen Boden ohne Genehmigung zu nutzen. Nur passiert es leider trotzdem, sei es aus Unwissenheit, aus wirtschaftlichen Gründen oder aus reiner Bequemlichkeit», bedauert Frédéric Schlatter. Daher ist der richtige Umgang mit Aushubmaterial für den kantonalen Bodenkundler eine Priorität: «Wenn das eingebrachte Material nicht sauber ist, droht Verschmutzungsgefahr. Und wenn es nicht fachgerecht gelagert wird, kann die Bodenverdichtung die Fruchtbarkeit der Felder direkt beeinträchtigen.»

Gefährdung der Landwirtschaftsflächen

Im Wallis droht den Landwirtschaftsflächen eine weitere Gefahr, nämlich die Verknappung. So verschwinden diese in der Rhoneebene dreimal so schnell wie auf nationaler Ebene. Setzt sich der Trend fort, könnte die Rhoneebene innerhalb von hundert Jahren vollständig zersiedelt sein, heisst es auf der Website der kantonalen Dienststelle für Landwirtschaft. «Jetzt müssen wir handeln. Ohne Boden wird nämlich auch die Frage nach der Qualität schlichtweg hinfällig», warnt der Fachmann.

Jetzt müssen wir handeln. Ohne Boden wird nämlich auch die Frage nach der Qualität schlichtweg hinfällig

Aus diesem Grund hat der Staatsrat 2021 beschlossen, ein kantonales Kompetenzzentrum Boden (KOBO – Wallis) zu schaffen. Das Zentrum vereinigt die Dienststelle für Umwelt (DUW), die Dienststelle für Raumentwicklung (DRE) und die Dienststelle für Landwirtschaft (DLW).

Fudierte Erfahrung

Die Stelle des kantonalen Bodenkundlers wurde als Weiterentwicklung des Kompetenzzentrums Boden Wallis geschaffen und ist der kantonalen Dienststelle für Landwirtschaft angegliedert. Nach dem Studium der physischen Geografie, dem Besuch bodenkundlicher Kurse und der Ausbildung zum Bodenschutzspezialisten auf Baustellen folgten fünfzehn Jahre, in denen Frédéric Schlatter für private Büros im Einsatz war, bevor er im Herbst 2021 seine Funktion antrat und beachtliche Erfahrung in seinem Fachgebiet in die Kantonsverwaltung mitbrachte. Seine Leidenschaft für die Bodenkunde ist mit 47 Jahren nach wie vor ungebrochen: «Mein Antrieb ist, dass der Boden die Grundlage des Lebens ist und dass es sich um eine nicht erneuerbare Ressource nach menschlichem Ermessen handelt», vertraut er uns an.

Mein Antrieb ist, dass der Boden die Grundlage des Lebens ist und dass es sich um eine nicht erneuerbare Ressource nach menschlichem Ermessen handelt

Kartierung der Walliser Böden Freiburg mit Fanny

Für den Schutz der Böden benötigt es eine bessere Kenntnis der vorhandenen Ressourcen. Im Wallis, wie auch in der übrigen Schweiz, sind die bodenkundlichen Daten noch immer unvollständig. Daher ist die bodenkundliche Kartierung so wichtig. Frédéric Schlatter arbeitet dazu mit einer weiteren Fachperson, Fanny Viret von der Dienststelle für Umwelt, zusammen. Gemeinsam bereiten sie den Start eines Pilotprojekts vor: «Dieses Projekt umfasst eine Fläche von 200 bis 300 Hektar zwischen Siders und Sitten, würde zwei Jahre dauern und vom Bund finanziert werden», erklärt Frédéric.

Erst kürzlich nahmen die beiden Fachleute an Workshops zum Thema Bodenkartierung in Freiburg teil, die im Rahmen einer vom schweizerischen Kompetenzzentrum Boden (KOBO) organisierten Tagung stattfanden. «Die Bodenkartierung ist im Grunde eine Bestandsaufnahme von Qualität und Tiefe», erklärte Armin Keller, Leiter des nationalen Kompetenzzentrums. «Wir entwickeln neue Methoden, um diese Aufgabe schneller und kostengünstiger zu gestalten. Eine weitere Herausforderung besteht auch darin, die Verfahren schweizweit zu vereinheitlichen.»

Einzigartige Böden

Das Wallis ist ein beliebtes Forschungsgebiet unter Bodenkundlern. «Im Vergleich zu anderen Kantonen zeichnen sich die Walliser Böden durch ihre Einzigartigkeit aus. In der Rhoneebene sind sie überwiegend sandig und schlammig, mit einem sehr geringen Tongehalt», erklärt Frédéric Schlatter.

Zudem sind die Walliser Böden «jünger» als jene in der übrigen Schweiz. «Sie sind weniger als 10 000 Jahre alt, was im Vergleich zum Mittelland sehr jung ist, da sich die Gletscher dort lange Zeit vor den Gletschern in unserer Region zurückgezogen haben», betont er.

Diese Besonderheit ist ein Trumpf, den der Bodenkundler beim Bund auszuspielen gedenkt, um Unterstützung für das Kartierungsprojekt zu erhalten.

 

Sie sind weniger als 10 000 Jahre alt, was im Vergleich zum Mittelland sehr jung ist, da sich die Gletscher dort lange Zeit vor den Gletschern in unserer Region zurückgezogen haben

Win-Win

Zurück nach Randogne, wo die Aufschüttungsarbeiten reibungslos verlaufen.

Insgesamt 12 500 m3 Aushubmaterial konnten von der Baufirma dort deponiert werden. «Ein solches Volumen umzulagern entspricht 1 200 Lastwagenfahrten», erklärt Cédric Epiney, technischer Leiter des Unternehmens André Sierro SA in Sitten. «Ohne diese Möglichkeit in Randogne hätten wir das Material bis nach Bex transportieren müssen. Stellen Sie sich die ökologischen und finanziellen Auswirkungen in diesem Fall vor». Auch der Landwirt und die Böden profitieren von der Aktion: «Aus bodenkundlicher Sicht bestand das Ziel darin, die Tiefe der Böden auszugleichen, wodurch sie fruchtbarer werden», sagt Frédéric Schlatter.

Für Cédric Epiney war die Baustelle auch ein Test: «Dank des Fachwissens des Bodenkundlers waren wir effizienter als in der Vergangenheit. Das würden wir jederzeit wieder so machen», schliesst er.

Letztendlich hängt die nachhaltige Bewahrung des Bodens von einem kollektiven Verantwortungsbewusstsein ab: «Böden sind sensibel und jeder Schaden kann irreversibel werden, wenn man ihnen nicht Sorge trägt», so der Experte. Diese Sensibilisierungsbotschaft wird Frédéric Schlatter noch so lange wie nötig weitergeben.

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