Die Franzosenzeit und die Urkunde zum Beitritt des Wallis zur Eidgenossenschaft (1798–1815)

Mit dem Jahr 1798 und der helvetischen Revolution begann eine turbulente Zeit für die Schweiz und das Wallis. Dieses wurde von 1798 bis 1802 der helvetischen Republik unter französischer Vorherrschaft einverleibt, dann war es eine angeblich unabhängige Republik, unterstand in Tat und Wahrheit aber französischer Herrschaft (1802–1810). 1810 annektierte Napoleon das Wallis und machte daraus das Departement Simplon, bis die französischen Besatzer 1813 abzogen. Nach der Flucht der napoleonischen Armee war das Wallis im Namen der verbündeten Mächte (Österreich, Grossbritannien, Russland) von österreichischen Truppen besetzt.

Nach der napoleonischen Zeit bestand seitens der Alliierten grosses Interesse, Frankreich durch eine Pufferzone zu isolieren und aus der Schweiz einen militärisch verstärkten neutralen Staat zu machen. In diesem Hinblick war die Integration des Wallis in die Eidgenossenschaft ideal, und die Alliierten unterstützten die Walliser Zenden bei der Beantragung ihres Beitritts zur Schweiz. Der Beitrittsantrag wurde der Eidgenossenschaft im Juni 1814 trotz grosser Zurückhaltung seitens des Oberwallis übergeben, das lieber zur alten Ordnung zurückgekehrt wäre.

Obwohl die eidgenössische Tagsatzung den Walliser Antrag sowie jenen der späteren Kantone Genf und Neuenburg am 12. September 1814 annahm, wurde die endgültige Aufnahme in die Eidgenossenschaft einer kantonalen Verfassung unterstellt. Nach heftigen Diskussionen einigten sich die Walliser Abgeordneten mehr aus Notwendigkeit als aus Begeisterung und nahmen am 12. Mai 1815 eine Verfassung an.

Im Juni bestätigte die eidgenössische Tagsatzung die Aufnahme des Wallis als 20. Kanton der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Die Beitrittsurkunde wurde am 4. August 1815 in Zürich unterzeichnet, und die drei neuen Kantone wurden in den am 7. August erneuerten Bundesvertrag aufgenommen.

 

Brief von Napoleon I. an Prinz Eugène de Beauharnais, General en Chef der Italienarmee

Fontainebleau, 03.11.1810.

In diesem Brief begründet der Kaiser seinen Entscheid, das Wallis zu annektieren: «Ich habe mich entschieden, das Wallis in Besitz zu nehmen. Dieses kümmerliche Volk macht die Simplonroute nahezu unbrauchbar; zu meinem Nachteil trennt es Italien von Frankreich … »

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Titel : Brief von Napoleon I. an Prinz Eugène de Beauharnais, General en Chef der Italienarmee

Datum : Fontainebleau, 03.11.1810.

Beschreibung : Papier, 22.8 x 18.8 cm; französischer Text. Handschriftliche Unterschrift von Napoleon I.

Signatur : Staatsarchiv Wallis, M 73/4

Brief von Napoleon I. an den Herzog von Feltre, Kriegsminister

Fontainebleau, 03.11.1810.

Der Brief beginnt mit diesen Worten: «Sehr geehrter Herzog von Feltre, es ist meine Absicht, das Wallis und Frankreich zu vereinen und mit dieser Operation General César Berthier zu beauftragen.» Der Brief beinhaltet organisatorische Details der Operation: Wegbeschreibungen, einzusetzende Truppen, Ausrüstung, Bewaffnung, Sold und Proviant. Die verschiedenen Generäle mussten koordiniert Truppen ins Wallis schicken: die in Aosta stationierten Truppen über den Grossen Sankt Bernhard, die in Domodossola stationierten Truppen über den Simplon, und die in Genf stationierten Truppen durch das Chablais.

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Titel : Brief von Napoleon I. an den Herzog von Feltre, Kriegsminister

Datum : Fontainebleau, 03.11.1810

Beschreibung : Papier, 2 Blätter, 22.8 x 18.8 cm; französischer Text. Handschriftliche Unterschrift von Napoleon I.

Signatur : Staatsarchiv Wallis, M 73/3

Plakate, durch den Staatsrat Wallis erlassen

Sitten, 14.11.1810

Mit der Zustimmung von General César Berthier, Kommandant der kaiserlichen Truppen im Wallis, wandte sich der Staatsrat an die Zivil- und Justizbeamten sowie die Walliser Bevölkerung, um seinen Willen zu versichern, «bis auf neue Anordnung an die Walliser Behörden nichts zu ändern.» Die Plakate waren dazu bestimmt, aufgehängt und in den Gemeinden veröffentlicht zu werden.

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Titel : Plakate, durch den Staatsrat Wallis erlassen

Datum : Sitten, 14.11.1810

Beschreibung : Papier, 2 Blätter, 35.9 x 22.2 cm und 30.6 x 22 cm; französischer und deutscher Text.

Signatur : Staatsarchiv Wallis, Sammlung Walliser Drucksachen.

Plakat, erlassen durch General César Berthier, Kommandant der kaiserlichen Truppen im Wallis

Sitten, 14.11.1810.

César Berthier wandte sich an die Bewohner des Wallis, um ihnen mitzuteilen, dass das Wallis durch Kaiser Napoleon I. eingenommen worden war. Auf diesem Exemplar sind Ort und Datum der Veröffentlichung handschriftlich vermerkt: Orsières, 18. November 1810, durch Franière, Gemeindepräsident.

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Titel : Plakat, erlassen durch General César Berthier, Kommandant der kaiserlichen Truppen im Wallis

Datum : Sitten, 14.11.1810

Beschreibung : Papier, 38.2 x 24.3 cm; französischer Text

Signatur : Staatsarchiv Wallis, Sammlung Walliser Drucksachen

 

Kantonsverfassung

Drucker Antoine Advokat. 12.05.1815. Sitten.

Zwingende Voraussetzung um in die Eidgenossenschaft aufgenommen zu werden, ist di Kantonsverfassung von 1815, ausgearbeitet und wiederwillig angenommen unter dem Druck von aussen, nur ein unvollständiger, nicht kohärenter und oftmals ungerechter Entwurf. Auf halbem Weg zwischen einer Wiederherstellung der alten Ordnung und einer Fortsetzung der Repräsentationspolitik erscheint sie nicht wie eine grundlegende Charta, sondern wie ein provisorischer und nicht zufriedenstellender Kompromiss, der zumindest das Land daran hindert, in Anarchie zu versinken.
 

 

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Titel : Kantonsverfassung

Date : Sion, 12.05.1815, imprimeur Antoine Advocat

Beschreibung : Papier, Heft mit 7 Blättern, 10.5 x 18 cm; französischer Text.

Signatur : Staatsarchiv Wallis, B.-E.Cropt, 22

 

Vereinigungsurkunde des Wallis mit der Schweizerischen Eidgenossenschaft

Zürich, 4 août 1815

Aufgrund des Antrages von 1814 wurde das Wallis am 12. September desselben Jahres von der eidgenössischen Tagsatzung vorläufig und schliesslich definitiv als 20. Kanton in die Eidgenossenschaft aufgenommen. Dazu musste sich das Wallis dem Bundesvertrag unterstellen (der am darauffolgenden 7. August erneuert wurde), ein Kontingent von 1 280 Mann für die Armee stellen und einen finanziellen Beitrag in der Höhe von 9 600 Schweizer Franken leisten.

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Titel : Vereinigungsurkunde des Wallis mit der Schweizerischen Eidgenossenschaft

Datum : Zürich, 04.08.1815

Beschreibung : Papier, Doppelblatt, 22 x 33.5 cm; französischer und deutscher Text.

Signatur : Staatsarchiv Wallis, T 3/6/1

Transcription

La Diète de la Confédération suisse, ayant déjà le 12e septembre 1814 résolu d'acquiescer à la demande de la République du Valais d'être reçue comme Canton dans la Confédération et jugeant convenable de ne pas différer plus longtems cette réunion définitive, avantageuse au deux parties et faite pour renforcer par une entière communauté de destinées et d'intérêts les sentimens d'affection qui les unissent depuis des siècles;

Les fondés de pouvoirs respectifs, savoir au nom de la Diète de la Confédération suisse, Messieurs Fréderic de Mulinen, avoyer de la Ville et République de Berne et député de cet Etat à la Diète suisse, et Vincent de Ruttimann, avoyer de la Ville et République de Lucerne et député de cet Etat à la Diète suisse, et, au nom de la République du Valais, Messieurs le Baron Gaspard Eugène de Stockalper, ancien Grand Baillif, et Michel Dufour, ancien Conseiller d'Etat, Grand Juge actuel au Tribunal Suprême; ont conclu et signé l'acte [p.2] de réunion dont la teneur suit:

Art. 1. La Republique du Valais est reçue dans la Confédération suisse en qualité de Canton. Elle prend rang après le Canton de Vaud et est le vingtième des Etats de la Suisse.

Art. 2. Le Canton de Valais accède à toutes les dispositions du pacte fédéral qu'il sera appellé à jurer à l'instar des autres Etats de la Suisse.

Art. 3. Il fournit à l'armée fédérale son contingent dans la proportion adoptée pour tous les Cantons à raison de deux hommes sur cent ames de population, ce qui fait, sur soixante quatre mille ames, un contingent de mille deux cent quatre vingt hommes.

Art. 4. La Confédération suisse, ayant égard à la situation économique peu aisée du peuple du Valais et aux maux qui ont pesé sur lui en 1798 et dès lors, consent à régler son contingent [p. 3] en argent à un taux moyen entre ceux des Cantons de la première et de la seconde classe et à le fixer à neuf mille six cent francs de Suisse. Par cette disposition et par celle de l'article précédent, il n'est toutefois pas préjugé à la révision des contingens reservée par l'article 3 du pacte fédéral.

Art. 5. Par la ratification du présent traité, la réunion sera achevée et définitivement arrêtée à perpétuitié.

Ainsi fait et signé à Zurich le 4e Aoust de l'an mille huit cent et quinze (1815).

[Sceaux et signatures]
Niklaus Friedrich von Mülinen, Schultheiss der Stadt und Republik Bern.
Vincenz von Rüttimann, Schultheis[s] der Stadt und Republik Luzern.
Caspar Eugen Stockalper, Gesandter von Wallis.
Michel Dufour, Deputé du Valais.

Transkription

Da die Tagsatzung der Schweitzerischen Eidgenossenschaft bereits unterm 12ten Herbstmonat 1814 beschlossen hat, in das Begehren der Republick Wallis einzuwilligen und dieselbe als Canton in den Schweitzer-Bund aufzunehmen, und für nothwendig erachtet, diese endliche Vereinigung nicht länger aufzuschieben, welche für beyde Theile gleich vortheilhaft und geeignet ist, die seit Jahrhunderten gegenseitig bestandenen freundschaftlichen Verhältnisse durch eine völlige Gemeinschaft der Schicksale und Interessen immer mehr zu befestigen;

so haben die beydseitigen Bevollmächtigten, nämlich im Namen der Tagsatzung der Schweitzerischen Eidgenossenschaft die Hochgeachteten Herren Friederich von Mülinen, Schultheiss der Stadt und Republick Bern und Gesandter dieses Standes auf der gemeineydgenössischen Tagsatzung, und Vinzenz von Rüttimann, Schultheiss der Stadt und Republick Luzern und Gesandter dieses Standes auf der gemeineydgenössischen Tagsatzung, und im Namen der Republick Wallis die Hochgeachteten Herren Baron Caspar Eugen von Stockalper, gewesener Landes-Hauptmann, und  Michael Dufour, gewesener Staats-Rath und wirklicher Gross-Richter beym obersten Gericht, denjenigen Vereinigungs-Akt [S. 2] abgeschlossen und unterzeichnet, dessen Inhalt hier folgt:
 
Art. 1. Die Republick Wallis wird als Canton in die Schweitzerische Eidgenossenschaft aufgenommen. Sie nimmt ihren Rang nach dem Canton Waadt und ist der 20te Stand der Schweitz.

Art 2. Der Canton Wallis trittet allen Bestimmungen des Bundes-Vertrags bey und wird denselben gleich andern Ständen der Schweitz beschwören helfen.

Art. 3. Er stellt sein Contingent zur Eidgenössischen Armee in dem für alle übrigen Stände angenommenen Verhältniss von zwey Mann auf hundert Seelen der ganzen Bevölkerung, nach welchem Maassstab auf vier und sechszig tausend Seelen das Contingent zwölf hundert und achtzig Mann betragen soll.

Art. 4. In Rücksicht der beschränkten œcconomischen Lage des Walliser-Volkes und des vielfachen Unglücks, welches im Jahr 1798 und seither dasselbe betroffen hat, willigt die Schweitzerische Eidgenossenschaft ein [S. 3], dass sein Geldcontingent nach einem Mittel-Fuss zwischen den Cantonen erster und zweyter Classe berechnet und auf neun tausend sechs hundert Schweitzer Franken bestimmt werde. Durch diese Bestimmung und durch jene im vorhergehenden Artickel soll indess der durch den 3ten Artikel des Bundes-Vertrags vorbehaltenen Revision der Beyträge an Mannschaft und Geld nicht vorgegriffen seyn.

Art. 5. Durch die Ratification des gegenwärtigen Akts soll die Vereinigung vollendet und definitiv auf ewige Zeiten abgeschlossen seyn.
Also geschehen und unterzeichnet in Zurich den 4ten Augstmonat im Jahr ein tausend acht hundert und fünfzehn (1815).

[Siegel und Unterschriften:]
Niklaus Friedrich von Mülinen, Schultheiss der Stadt und Republik Bern.
Vincenz von Rüttimann, Schultheis[s] der Stadt und Republik Luzern.
Caspar Eugen Stockalper, Gesandter von Wallis.
Michel Dufour, Deputé du Valais.

Kopie der Beitrittsurkunde des Wallis zur Eidgenossenschaft, mit Gültigkeitserklärung durch den Präsidenten der eidgenössischen Tagsatzung, Wyss

Zürich, 04.08.1815.

Diese Version der Urkunde trägt die Unterschrift des Präsidenten der eidgenössischen Tagsatzung, David von Wyss, Bürgermeister von Zürich, Vorort im Jahr 1815; Wyss präsidierte die lange Tagsatzung von 1814 bis 1815. Ausserdem trägt das Dokument die Unterschrift des eidgenössischen Kanzlers, Jean-Marc Mousson, sowie das Siegel der Schweizerischen Eidgenossenschaft (von 1803).

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Titel : Kopie der Beitrittsurkunde des Wallis zur Eidgenossenschaft, mit Gültigkeitserklärung durch den Präsidenten der eidgenössischen Tagsatzung, Wyss

Datum : Zürich, 04.08.1815

Beschreibung : Papier, Doppelblatt, 25 x 37.5 cm; französischer und deutscher Text; durchgedrücktes Siegel auf dem Papier der Schweizerischen Eidgenossenschaft.

Signatur : Staatsarchiv Wallis, T 3/6/2

Bundesvertrag

Zürich, 07.08.1815.

Der Bundesvertrag von 1815, der die Mediationsakte von 1803 ersetzte, integrierte drei neue Kantone (Wallis, Neuenburg, Genf) und regelte die wesentliche Organisation und Funktionsweise der Schweizerischen Eidgenossenschaft, deren Grundlage er bildete, sowie die Beziehungen unter den 22 Kantonen. Zudem nennt er die Beiträge jedes Kantons zur Eidgenössischen Armee und zur gemeinsamen Kasse.

Jeder Kanton war durch Abgeordnete vertreten, die vereidigt wurden und ihr Siegel und ihre Unterschrift unter den Vertrag setzten.

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Titel : Bundesvertrag

Datum : Zürich, 07.08.1815.

Beschreibung : Papier, in Stoff gebundenes Buch, 27.3 x 43.7 cm; deutscher Text; Hängesiegel der Schweizerischen Eidgenossenschaft, in einer silbernen Kapsel.

Signatur : Schweizerischen Bundesarchiv, D0#1000/3#7*

3-Pfünder-Kanone

Dieses Geschütz ist ein Geschenk des österreichischen Kaisers Franz I. an den Kanton Wallis im Jahr 1816, zum Ausgleich für die Rüstungsverluste während der napoleonischen Zeit, wie der lateinischen Inschrift zu entnehmen ist. Präsentiert auf einer jüngeren Lafette.

Auf dem Kanonenrohr berühren sich ein Wappenschild des Kaiserhauses Österreich und die Wappen der ehemaligen Republik Wallis, auf denen die damaligen sieben Zenden mit sieben Sternen dargestellt sind. Interessanterweise sind nicht die Wappen der dreizehn Bezirke dargestellt, obwohl sie 1816 den Kanton bilden. Dies erklärt sich dadurch, dass die Kanone früher datiert ist als 1816.

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Titel : 3-Pfünder-Kanone

Datum : 1816

Beschreibung : Bronze, Länge 113 cm.

Signatur : Geschichtsmuseum Wallis , MV 11738a.