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Archäologische Ausgrabungen in St-Maurice - Freilegung einer frühmittelalterlichen Begräbniskirche

26/09/2019 | Dienststelle für Immobilien und Bauliches Erbe

Bei den im April 2019 begonnenen archäologischen Ausgrabungen am Chemin des Condémines in St-Maurice wurden die Überreste einer frühmittelalterlichen Begräbniskirche und deren Friedhof freigelegt. In derselben Epoche wie die Abtei, aber an einer Stelle abseits des Klosterkomplexes erbaut, umfasst dieser Sakralbau auch einen grossen Friedhof, der auch nach der Zerstörung der Kirche im 13. Jahrhundert noch benutzt wurde. In dieser Begräbnisstätte dürften sowohl Einheimische aus den umliegenden Orten als auch Pilger begraben liegen. Die entdeckten Überreste zeigen eine neue Facette der Anfänge des Christentums im Wallis.

Als Hochburg der abendländischen Christenheit ist St-Maurice schon seit dem Frühmittelalter ein Ort von enormer Strahlkraft. Die Entwicklung des Märtyrerkults um die thebäische Legion von St-Maurice zum Wallfahrtsort setzt vor allem ab 515 ein, dem Jahr der Abteigründung durch den Burgunderprinzen Sigismund. So wurde die Abtei zu einer mächtigen Institution, in geistlicher wie in weltlicher Hinsicht. Dies ist der Kontext, in den die Gründung der Begräbniskirche am Chemin des Condémines und die Anlegung ihres Friedhofs einzuordnen sind.
Nach einer 1951 vom Archäologen Louis Blondel durchgeführten Rettungsgrabung konnten der Teilgrundriss der Kirche (einschiffiger Bau, von zwei quadratischen Räumen flankiert) nachskizziert und die Gräber im Bereich der Baugrube grob dokumentiert werden. Die seit April 2019 gesammelten Daten lassen vermuten, dass die von Blondel bezeichneten Räume einen Säulengang bildeten. Die Bedeutung des Monuments manifestiert sich in der Qualität seiner Bauweise. So ist das Mauerwerk von hervorragender Machart und es scheint, dass bemalter Verputz einst die Wände schmückte. Zur Bestimmung des Baujahres und der späteren Umbauphasen bedarf es allerdings noch weiterer Untersuchungen.

Für den Friedhof wird geschätzt, dass er rund 250 Gräber umfasst, die in mehreren Schichten übereinanderliegen und bereits zu über zwei Drittel freigelegt worden sind. Älteste Grabkästen werden gefunden, von denen man sich bedeutende Entdeckungen versprechen darf. Die Lage der Grabstätten im Friedhof oder in der Kirche, die Bauform der Gräber, die Grabinschriften, das archäologische Fundmaterial und anthropologische Studien werden wichtige Informationen über die hier beigesetzten Menschen liefern.

Die Freilegung der im 13. Jahrhundert aufgegebenen Kirche bei Condémines bietet die seltene Gelegenheit, ein Bauwerk in seiner Gesamtheit und seinem Kontext zu erfassen. Somit ist dieses Monument wichtig für das Verständnis der christlichen Topografie und der Geschichte von St-Maurice, und es ist auch ein Schlüssel zum Verständnis der ersten Jahrhunderte des Christentums im Wallis und der Anfänge der Abtei von St-Maurice.

Bildlegenden:

Abb. 1. Mit Steinen gefüllte Grabgruben und Säulenschaft im Säulengang. © SBMA - TERA Sàrl.

Abb. 2. Blick über die Ausgrabungsstätte; im Vordergrund ein Grabkiste aus Tonplatten. © SBMA - FM.

Abb. 3. Inschriftenplatte, die als Bauteil für eine Grabkiste wiederverwendet wurde. © SBMA - TERA Sàrl.

Abb. 4. Ausgrabung von Gebeinresten, die am einen Ende einer Grabgrube deponiert wurden. © SBMA - FM.

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