Medienmitteilung

Medikament - Änderung des Verfallsdatums

17/10/2018 | Gerichte

Entscheid des Kantonsgerichts

Am 1. Juni 2016 entschied der Richter der Bezirke Martinach und Saint-Maurice in dem anhängigen Verfahren zwischen der Staatsanwaltschaft und Swissmedic einerseits und den Angeklagten Frau X. und Y. andererseits. Er erkannte Frau X., die Leiterin der Logistik des Unternehmens A. SA, des Verstosses gegen das Heilmittelgesetz und gegen das Bundesgesetz über die technischen Handelshemmnisse für schuldig, indem das Verfallsdatum verschiedener Chargen eines Krebsmedikaments, Thiotepa®, über das Lagerdatum hinaus verlängert sowie die diesbezüglichen Originalzertifikate geändert und vervielfältigt wurden. Er verurteilte sie zu einer bedingten Geldstrafe von 50 Tagessätzen unter Ansetzung einer Probezeit von drei Jahren und zu einer Busse von 6’500 Franken, zusätzlich zu der von der Staatsanwaltschaft des Kreises Ost-Waadt verhängten Geldbusse, in einem anderen Fall wegen Verstosses gegen das SVG. Der Bezirksrichter verurteilte auch Y., Direktor der Firma A. SA wegen fahrlässiger Nichtumsetzung von Massnahmen zur Verhinderung des Inverkehrbringens von nicht konformen Arzneimitteln mit einer Geldstrafe von Fr. 5’000. Der Richter vertrat die Ansicht, dass die Gesundheit der Menschen nicht gefährdet gewesen sei.

Swissmedic hat gegen diesen Schuldspruch Berufung eingelegt.

Das Kantonsgericht bestätigte mit Urteil vom 15. Oktober 2018 die rechtliche Qualifikation des Sachverhalts des angefochtenen Entscheids. Es unterstützte die besonders begründete Stellungnahme von B. und C., Professoren der Ausbildungs- und Forschungseinheit für pharmazeutische und biologische Wissenschaften an der Universität Paris Descartes bzw. der Universität Rouen, welche als Experten in einem vom Tribunal de Grande Instance de Paris untersuchten Parallelfall beigezogen worden waren und sich zu den strittigen Partien von Thiotepa®, hergestellt von der A. SA und in Frankreich vertrieben, geäussert hatten. Die Professoren B. und C. waren der Ansicht, dass die Verabreichung von Thiotepa® nach Ablauf der Gültigkeitsdauer keine besondere Gefahr darstellt. Der Verlust des Wirkstoffs - um wenige % - bildete ihrer Meinung nach keine ausreichende Abweichung, um die erwarteten therapeutischen Wirkungen des Medikaments signifikant zu verändern oder die Heilungschancen zu minimieren. Das Kantonsgericht wies darauf hin, dass die Beurteilung der Rechtsexperten B. und C. durch die angehörten Kliniken in den instruierten Fällen in Frankreich und der Schweiz bestätigt worden war. Dr. D., der das Kind E. behandelte, das zum Zeitpunkt des Vorfalls 12 Jahre alt war, bestätigte seine vollständige Remission ohne zu sagen, ob die verabreichte Dosis (aufgrund einer Unterdosierung) ausreichend oder weniger ausreichend als die theoretisch erwartete Dosis war. Das Kantonsgericht stellte ferner fest, dass Swissmedic, nachdem sie von den Tatsachen Kenntnis erlangt hatte, die Beschlagnahme und Vernichtung der Thiotepa®-Chargen nicht angeordnet hat. Die französische Agentur für die Sicherheit von Gesundheitsprodukten hat Thiotepa® erst dann vom französischen Markt genommen, als eine alternative Lösung gefunden wurde, welche „kein nachweisbares Risiko für die Patienten“ hatte. Die Angehörigen der Gesundheitsberufe, die das umstrittene Arzneimittel an ihre Patienten abgegeben haben, haben den zuständigen Behörden keine Nebenwirkungen (Pharmakovigilanz) gemeldet.

 

Wie im Heilmittelgesetz festgelegt, muss die Gefährdung mindestens einer Person in der Praxis nachgewiesen werden. Andernfalls stellt die Straftat eine Übertretung dar, die nach dem Gesetz mit einer Geldstrafe geahndet wird. In diesem Fall wurden diese Nachweise aus den im vorherigen Absatz genannten Gründen nicht erbracht.

Obwohl es die rechtliche Charakterisierung des Sachverhalts bestätigte, erhöhte das Kantonsgericht die gegen Frau X. verhängte Strafe auf 120 Tage Geldstrafe. Andererseits bestätigte es die gegen Y. verhängte Strafe.

 

Sitten, 17. Oktober 2018

Das Kantonsgericht

 

In dieser Angelegenheit werden vom Kantonsgericht keine weiteren Informationen oder Kommentare abgegeben.